Hamburg - Der Stuttgarter Schauspielintendant Friedrich Schirmer übernimmt 2005 die Leitung des Deutschen Schauspielhauses Hamburg. Schirmer unterzeichnete am Mittwoch in der Hansestadt einen Vertrag über fünf Jahre als neuer Intendant der größten Sprechbühne Deutschlands. Der 52-Jährige tritt die Nachfolge von Tom Stromberg an, dessen Vertrag nicht verlängert worden war. Schirmer hatte nach der Absage von Matthias Hartmann (Bochum) nur rund zwei Wochen lang Verhandlungen mit Kultursenatorin Dana Horáková geführt.

Tarifstreit

Schirmer ist seit 1993 Intendant in Stuttgart. Er gilt als Entdecker junger Regietalente. Hartmann hatte Hamburg nach mehreren Monaten kurz vor einer möglichen Vertragsunterzeichnung abgesagt, um vom Bochumer Theater als Intendant nach Zürich zu wechseln.

Die wesentlichen Verhandlungsergebnisse zwischen Hamburgs Kulturbehörde und Schirmer sind die Übernahme der jährlichen Tarifsteigerungen bis 1,5 Prozent. Dies werde bereits zur nächsten Spielzeit gelten und bis zur Spielzeit 2006/2007 laufen, hieß es. Der Senat hat die Absicht, die Tariferhöhungen auch danach zu übernehmen. Sollte sich dies nicht einhalten lassen, hat Schirmer ein vorzeitiges Kündigungsrecht.

"Beide Seiten haben bis zur jeweiligen Schmerzgrenze verhandelt", sagte Schirmer. Er wisse, dass die Reserven am Schauspielhaus aufgebraucht seien, dass die Einnahmen zurückgingen und die Zuschauerzahlen niedrig seien. Dennoch gehe er mit Zuversicht und Lust an seine neue Aufgabe heran, die auch "harte Arbeit" bedeute, meinte er. Ihn reize auch die Herausforderung, im "freundschaftlichen Wettbewerb" mit dem Thalia-Theater, der von Kritikern zum "Theater des Jahres" gewählten Bühne, einen spannenden Spielplan zu bieten.

Biografie

Schirmer, der schon einmal für das Schauspielhaus und auch für das Thalia-Theater Hamburg im Gespräch gewesen war, begann seine Karriere 1970 als Assistent und Dramaturg am Westfälischen Landestheater Castrop-Rauxel. Drei Jahre später wechselte der gebürtige Kölner an die Volksbühne Berlin, wo er unter anderem mit den Regisseuren Roberto Ciulli, Rainer Werner Fassbinder und Wilfried Minks zusammenarbeitete. Weitere Stationen waren Nürnberg, Mannheim und Dortmund. 1984 kam er nach Baden-Württemberg, um die Intendanz der Württembergischen Landesbühne Esslingen zu übernehmen. Überregionale Aufmerksamkeit erregte er mit seinem "Konzept der Regionalität", in dessen Mittelpunkt Stücke und Themen mit lokalem Bezug standen.

Nach vier Spielzeiten zog es Schirmer nach Freiburg, wo er bis 1993 das Dreispartenhaus leitete. Die Krönung seiner bisherigen Laufbahn war seine Berufung nach Stuttgart als alleinverantwortlicher Direktor des Schauspiels, wobei er sich als Entdecker und Förderer junger Regietalente wie Martin Kusej, Elmar Goerden oder Stefan Kimmig hervortat. In Stuttgart sorgte er mit Klassikern als auch mit zeitgenössischen Stücken für großen Publikumszulauf.

Schirmer gelang es, das internationale Festival "Theater der Welt" für 2005 erneut nach Stuttgart zu holen. Das Festival-Programm plant er gemeinsam mit seiner Ehefrau Marie Zimmermann, die Schauspiel- Programmdirektorin der Wiener Festwochen ist und als Kennerin der Off-Theaterszene gilt. (APA/dpa)