Wien - "Es wär' noch viel spannender, wenn ich etwas fitter wäre", seufzt der übernachtige Schüler aus Lübbecke, während er von Zimmer zu Zimmer marschiert. Er ist nach Wien gekommen, um den Mühlenkreis seiner Heimatregion in Nordrhein-Westfalen zu präsentieren. Die Mädchen aus Schweden haben nach fünf Tagen noch wesentlich mehr Energien. Ihr Beitrag, der im Weißgoldzimmer von Schloss Schönbrunn gezeigt wird: Fotos und gemalte Bilder von den Welterbestätten Alte Stadt (Gamla Stan) und dem Waldfriedhof Tallum in Stockholm.

Insgesamt sind es 120 Schülerinnen und Schüler aus 15 Ländern, die mit Lehrern und Direktoren das Wiener Gymnasium in der Krottenbachstraße besuchen, um andere Kulturen, andere europäische Identitäten kennen zu lernen und um sich mit Welterbestätten auseinander zu setzen.

Das kann durchaus auch Spaß machen. Wenn sie in Schönbrunn die alte Wiener "Fummeltradition" kennen lernen - Kronprinzen, die nach spanischer Sitte wie Mädchen gekleidet wurden. Oder die Leichenfledderer-Tradition - der Streit, wo nun das Herz von Napoleon II. beigesetzt werden soll. 1500 Bedienstete hatte Kaiserin Maria Theresia im Schloss? "Boah!"

Im Netz verbandelt

Doch dieses Europatreffen geht über das Historische des Unesco-Projektes weit hinaus. Ein Jahr lang waren diese Schüler zwischen Nordsee und Ägäis in einem Netzwerk verbandelt - die Fäden wurden im BRG 19 gezogen, das 2003 die Präsidentschaft im Netzwerk "Education Without Borders" innehat.

Da bekamen etwa die Finnen eine Kassette aus Luxemburg - und verstanden kein Wort von dem, was darauf gesprochen war. Aber es wurde lautmalerisch geantwortet und zurückgeschickt. In Wien ging es weiter: Da lernten in einem Workshop Spanier ein wenig Finnisch und die Griechen ein bisschen Ungarisch.

Und alle präsentierten ihre Arbeitsergebnisse. Die Schüler der Krottenbachstraße etwa schlugen vor, die Eisenstraße in die Welterbeliste aufzunehmen - was akribisch und detailliert begründet wurde. Im Gegenzug lernten sie Europa kennen. Vom griechischen Olymp über Dozza - das die Italiener der Unesco ans Herz legten - bis zur Sierra de Guara in Spanien.

Historische Stätten, Windmühlen, ein Friedhof, Berge - und die Sprachen von Minderheiten: Wer die Vielfalt kennen lernt, baut auch Vorurteile ab. Daher versteht sich diese Aktion der Unesco-Schulen durchaus als Friedensprojekt. (Roman Freihsl, Der Standard, Printausgabe, 30.09.2003)