Wien - Jetzt ist es amtlich: Die Bilanz nach zwei Jahren Strom- und einem Jahr Gasliberalisierung in Österreich ist mehr als bescheiden. Großer Gewinner ist der Finanzminister, der sich über höhere Steuern und Abgaben den Löwenanteil der Einsparungen geschnappt hat. "Unter dem Strich bleibt eine rund zweiprozentige Reduktion bei der Stromrechnung über", sagte der Chef des Energieregulators E-Control, Walter Boltz, am Montag. Auch die neue Ökostrom-Förderung habe die Einsparungen schmelzen lassen.

Verbilligungen adieu

"Die Steuer- und Abgabenerhöhungen haben die Verbilligungen weggefressen", bestätigt Ditmar Wenty, Energieexperte der Arbeiterkammer. Von der Durchschnittsrechnung eines Wiener Haushalts (Verbrauch 3500 Kilowattstunden) von 505 Euro würden auf Steuern und Abgaben 145 Euro entfallen. Was dazukommt: Im obigen Beispiel würde die Preisdifferenz zwischen dem teuersten und dem billigsten Anbieter gerade einmal 22 Euro im Jahr betragen. Ähnlich schaue es beim Gas aus. Von der Gesamtrechnung eines Kunden (1500 m³ Verbrauch) von fast 776 Euro würden 206 Euro in die Taschen des Finanzminister fließen, rechnet Wenty dem STANDARD vor.

Vor dem Start der Liberalisierung hatte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein den Haushalten liberalisierungsbedingte Ersparnisse von 72,7 Euro (1000 Schilling in alter Währung) in Aussicht gestellt. Und bei Gas hatte er eine Verbilligung von 100 € verkündet.

Zwischen Anfang 2000 und Ende dieses Jahres ist die steuerliche Belastung je Kilowattstunde (kWh) um 53 Prozent nach oben geklettert, unter anderem durch die Verdoppelung der Elektrizitätsabgabe auf Strom auf 1,5 Cent je kWh durch die schwarz-blaue Bundesregierung. Beim Gas steht die nächste Belastungswelle Anfang 2004 ins Haus. So wird die Erdgasabgabe von jetzt 4,36 Cent auf 6,6 Cent je Kubikmeter angehoben. Das ist eine Verteuerung um mehr als die Hälfte, damit steigt die Gesamtrechnung um sieben bis zehn Prozent. (rose/DER STANDARD Print-Ausgabe, 30.9.2003)