Der unpopulärste Premierminister Frankreichs (1995-97) hatte seit Jahren alles unternommen, um diesen Moment zu vermeiden. Seine Anwälte hatten aber nur fast Erfolg. Die Staatsanwaltschaft ließ in dem 1998 eröffneten Verfahren mehrere Anklagepunkte wie etwa Hehlerei und Veruntreuung fallen; am vergleichsweise dünnen Tatbestand der "illegalen Nutznießerschaft" hielt sie aber fest.
Juppé soll als Chef der RPR (der gaullistischen Vorgängerpartei der UMP) geduldet haben, dass die Stadt Paris zahlreiche Parteilmitarbeiter entlöhnte. Die Nutznießer dieser "Phantomjobs" standen bis 1995 auf der städtischen Gehaltsliste, ohne je im Pariser Rathaus gearbeitet zu haben.
Nicht alle, aber die meisten Fäden liefen im Pariser Rathaus zusammen, dem damals Jacques Chirac als Bürgermeister vorstand. Von dem heutigen Staatschef existiert ein handschriftlicher Brief, in dem er die Beförderung einer Sekretärin empfiehlt, die von einem Schein-Arbeitsvertrag profitierte. Chirac muss deshalb "gewusst" haben. Dank einer umstrittenen Interpretation der Verfassung durch den "Conseil Constitutionnel" ist er aber bis zum Ende seiner präsidialen Amtszeit vor Rechtsfolgen geschützt. Seine rechte Hand Juppé genießt keine Immunität - genauso wenig wie die 26 anderen Angeklagten, unter ihnen Bauunternehmer, Parteikader, Funktionäre.