Wien - Eine Vertrauenserklärung für voestalpine-Generaldirektor Franz Struzl gibt der Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ), Ludwig Scharinger, im Interview mit dem Wochenmagazin "News" ab. "Struzl hat viel für die Voest geleistet. Tatsache ist, dass es eine Diversion gegeben hat wie andere inzwischen auch. Man darf in Österreich nicht mit zweierlei Maß messen", wird Scharinger in der morgen Donnerstag erscheinenden Ausgabe von "News" zitiert und stellt sich damit in eine Reihe mit seinem langjährigen Kompagnon , dem früheren SP-Finanzminister und CA-Generaldirektor Hannes Androsch, der Anfang dieser Woche gegenüber der APA eine gleichlautende Auffassung vertreten hat.

"Wenn es für die einen diese Möglichkeit gibt, darf man dies bei anderen nicht verteufeln", sagt Scharinger im Hinblick auf eine außergerichtliche Einigung (Diversion) von fünf österreichischen Spitzenbankern, denen wettbewerbswidrige Zinsabsprachen im so genannten Lombard-Klub vorgeworfen wurden. Struzl hatte sich im Sommer 2002 vom Vergehen des Insiderhandels mit VAE-Aktien von einer Strafverfolgung durch die Rückzahlung des Kursgewinns von rund 250.000 Euro an karitative Einrichtungen und weiteren 50.000 Euro an den Bund befreit. Eine ähnliche Einigung hat die Staatsanwaltschaft heuer mit den Bankdirektoren des Lombard-Klubs vereinbart.

"Wir brauchen keine externen Zurufer"

Ob Struzl voestalpine-Generaldirektor bleiben solle, überlässt Scharinger der Entscheidung des voestalpine-Aufsichtsrats am kommenden Montag. Der RLB OÖ-Chef verwies aber darauf, dass der voestalpine-Aufsichtsrat (unter Präsident Rudolf Streicher) am 8. August Struzl einstimmig das Vertrauen ausgesprochen habe. Grundlage dafür sei die eingeholte Rechtsmeinung von drei Universitätsprofessoren - Christian Nowotny, Rudolf Strasser und Christian Hausmaninger - gewesen. "Das sind doch keine Schwätzer. Wir brauchen keine externen Zurufer", so Scharinger in dem Interview.

Einen Anspruch auf eine stärkere Vertretung im voestalpine-Aufsichtsrat stellt Scharinger derzeit nicht. Bis zur nächsten Hauptversammlung solle der Aufsichtsrat unverändert bleiben. Scharinger hat in dem Gremium einen Sitz, obwohl der in Gründung befindliche Österreich-Fonds mit 15,56 Prozent Aktienanteil inzwischen größter Einzelaktionär der voestalpine ist. Die ÖIAG ist mit 15 Prozent, die zumindest bis zum Ablauf der dreijährigen Umtauschanleihe gehalten werden, mit zwei Aufsichtsräten (den ÖIAG-Vorständen Rainer Wieltsch als Vizepräsident und Peter Michaelis) stärker vertreten.

Posten des Aufsichtsratspräsidenten nicht interessant

Den Sitz des Aufsichtsratspräsidenten strebe er, Scharinger, bei voestalpine nicht an, "diese Frage stellt sich auch nicht". Jetzt sei laut Scharinger wichtig, "dass die Voest aus den Schlagzeilen kommt", denn diese seien schlecht fürs Geschäft. Die Voest habe ein milliardenschweres Investitionsprogramm vor sich, das jetzt umgesetzt werden müsse.

Zur RLB OÖ-Gruppe, die ihren bisherigen Anteil an voestalpine um fast 5 Prozent aufgestockt hat, umfasst neben der RLB OÖ selbst auch deren Beteiligungen Hypobank Oberösterreich und Oberösterreichische Versicherung. Auch die Generali Versicherung, ebenfalls eine RLB OÖ-Beteiligung, dürfte laut "Kurier" im Österreich-Fonds dabei sein. Androsch, den mit Scharinger Finanzierungspartnerschaften bei der AT&S und der Salinen Austria verbinden, hat 100.000 voestalpine-Aktien erworben, was 0,25 Prozent entspricht.(APA)