In Großbritannien oder in den USA muss man "humble pie" essen, im deutschen Sprachraum ist man gezwungen, "kleinere Brötchen zu backen" oder "es billiger zu geben". So oder so: Es sind alles Redewendungen, die für den Auftritt von George Bush vor der UN-Vollversammlung gut zutreffen. Noch ist es kein Jahr her, da der US-Präsident leicht lachen hatte, wenn es um den Irak oder den Terrorismus oder um seine Wiederwahlperspektiven 2004 ging. Aus der komfortablen Position der "Hypermacht" (eine Bezeichnung, die damals in Frankreich für die Amerikaner en vogue war) ließ es sich entspannt über die UNO und ihre schwerfällige Bürokratie lästern. Inzwischen haben sich die Zeiten geändert, und dies nicht zu knapp.

Die US-Performance im Nachkriegsirak ist alles andere als glamourös, mit dem hochdekorierten General Wesley Clarke lauert vor dem Wahljahr 2004 ein gefährlicher Gegner aus den Reihen der demokratischen Partei in den Startlöchern, und an der Wirtschaftsfront ist Bush ebenfalls überaus verletzlich geworden. Als das hat ihn Bush zwar nicht gerade zum Internationalisten gemacht. Dennoch klingen die Töne, die man neuerdings aus der US-Administration vernimmt, deutlich ausgewogener als noch vor einem Jahr. Selbst für den deutschen Kanzler Schröder, der in seinem Wahlkampf einen extrascharfen Konfrontationskurs gegen den Irakkrieg gefahren hatte, bringt Bush einen Hauch von Verständnis auf.

Ein großer Fehler wäre es allerdings, wenn nun die kriegsfeindlichen Europäer, vor allem die Deutschen und die Franzosen, in eine ressentimentgeladene "Wir haben es euch doch schon immer gesagt"-Haltung verfallen würden. Das würde in den USA garantiert als Nachweis für eine unverständige Haltung der Europäer gegenüber amerikanischen Sorgen gewertet - und wäre eine Garantie für eine Schwächung des internationalistisch gesinnten Lagers in den USA selbst. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.9.2003)