Der in der Sanierung maroder Unternehmen erfahrene Alstom-Chef Patrick Kron steht vor seiner bisher größten Herausforderung: Lehnt die EU den modifizierten Sanierungsplan der Regierung in Paris ab, könnte der 50-jährigen Topmanager gezwungen sein, den Konzern mit noch viel tieferen Einschnitten vor dem Crash zu bewahren.

Gleich nach seiner Berufung in den Alstom-Chefsessel im April 2002 hatte Kron einen scharfen Strategiewechsel durchgedrückt und damit die Mitarbeiter seines Vorgängers Pierre Bilger mit ihren Versagen konfrontiert und entmachtet, auch wenn Bilger weiter Aufsichtsratschef ist.

Kron hat Konzernteile im Wert von drei Milliarden Euro verkauft, unter Dach ist bereits die Übernahme der Turbinensparte durch Siemens und der Verkauf des Stromvertriebsgeschäfts an den Nuklearkonzern Areva. Damit konnte er die Schulden von fünf Milliarden Euro deutlich drücken. Zugleich will Kron gegen den Widerstand der Gewerkschaften 5000 Jobs in Europa streichen.

Blatt nimmt er sich keines vorn Mund: So gab er öffentlich zu, der Umsatzeinbruch um 20 Prozent sei darauf zurückzuführen, dass "es immer schwieriger wird, von Banken und Versicherungen die nötigen Garantien zu erhalten." Helfen bei der Umsetzung der Restrukturierung wird ihm sein Ruf eines Managers mit Humor, der seine Mannschaft sehr leger führt, sowie sein ansteckender Optimismus. So lockerte er die Stimmung bei einem Treffen mit Analysten, die ob der extrem schlechten Zahlen versteinert dreinblickten, durch kleine Witze auf. Laut eigener Selbstbeschreibung ist Kron ein Arbeitstier, das nur eines nicht ausstehen kann: zu verlieren. "Ein absolut cooler Typ", charakterisiert ihn ein befreundeter Metallhändler.

Dass der 50-Jährige hart arbeiten kann, hat er in seinem Leben hinreichend bewiesen: Als Sohn polnischer Einwanderer - sein Vater war Herrenschneider -, die bei ihrer Ankunft kein Wort französisch sprachen, schaffte er den Sprung auf die Pariser Eliteschule und Kaderschmiede Ecole Polytechnique in Paris, danach wechselte er ins Industrieministerium.

Zwischen 1984 und 1988 war er im Aluminiumkonzern Pechiney für Griechenland zuständig. Freunde beschreiben ihn als Griechenland-Veteranen und Landeskenner. Kron hat ein Haus auf der Kykladen-Insel Paros und spricht fließend Neugriechisch, ebenso Polnisch und Englisch.

Zwischen 1988 und 1991 gelang ihm die Sanierung des schlingernden französischen Mineralienkonzern Imerys, dann wechselte er zu Alstom.

In seiner Freizeit ist Kron vorzugsweise am Golfplatz oder auf Reisen. Seine wahre Berufung ist jedoch Arbeiten, was er seiner Familie (Ehefrau und drei Kindern) auch im Urlaub zumutet. (Clemens Rosenkranz, Der Standard, Printausgabe, 22.09.2003)