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Stephane Lissner, Luc Bondy und Stefanie Carp bei der Pressekonferenz.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader
Wien - Die Frage nach der Zusammensetzung des Wiener Festwochen-Direktoriums scheint eine solche nach Geltung und symbolischem Verdienst. Stéphane Lissner (50), ab 2005 als Nachfolger von Hans Landesmann der neue Musikchef in Luc Bondys Team, gewährleiste, so Bondy, als viel beschäftigter Opernfachmann jene Internationalität, die Wien "gebühre".

Kein Problem also, dass Lissner parallel zu der bis 2007 übernommenen Wiener Agenda weiterhin das Opernsommerfestival in Aix-en-Provence leitet (bis 2008/09) und dass Bondy als Regisseur weiter für Aix und Wien Operninszenierungen produziert - wovon insbesondere die Festwochen als erstaufführender Koproduzent profitieren sollen. Auch sonst stand die aktuelle Personalpressekonferenz der Wiener Festwochen ganz im Zeichen großzügiger Standortsicherung:

Bondy räumte nicht nur gut gelaunt die Anmutung von "Chaos" ein. Er erfüllt mit der temporären Verpflichtung der Zürcher Dramaturgin Stefanie Carp dieser den Herzenswunsch nach einer "Zwischenzeit" - wenn Carp als befristete Einwechselspielerin die nach Stuttgart abwandernde Sprechtheaterchefin Marie Zimmermann (sie leitet das Festival "Theater der Welt") für die Dauer der Saison 2005 ersetzen wird.

Neue Handschrift

Die exzellente, aus Hamburg gebürtige Fachfrau Carp, die im Abendrot ihrer Zürcher Leitungsverpflichtungen steht und zur Bringschuld sanft ermuntert scheint, verspricht im Gegenzug Ur- und Erstaufführungen - und winkt, nicht ganz unerwartet, mit der Verpflichtung von Christoph Marthaler als Regisseur. Bondys Zaudern angesichts von Peter Handkes neuem Stück Untertagblues ist hingegen offener Resignation gewichen. Bondy sieht sich - auch wegen privater Unglücksfälle - bis Dezember außerstande, hinter das Regiepult zu klettern. Die Abstandsmodalitäten gegenüber dem Burgtheater werden "kreativ" - das heißt mit Aussicht auf eine andere Koproduktion - verhandelt. Claus Peymanns Berliner Ensemble hat hingegen das "Windhundrennen" (Marie Zimmermann) um die Uraufführung gewonnen - und wird nun auch den Autor finanziell zu einem erklecklichen Teil schadlos halten.

Eine hochinteressante Koproduktion bahnt Bondy ab März in London an: In enger Zusammenarbeit mit dem britischen Tüfteldramatiker Martin Crimp entsteht eine Umschrift von Sophokles' Die Frauen von Trachis, die in London produziert, geprobt und von Regisseur Bondy nach Wien verfrachtet wird.

Klar und nachvollziehbar dagegen die Opernpläne, die Bondy und Lissner gemeinsam wälzen: 2004 wird in Wien ein von Klaus Michael Grüber und Pierre Boulez entwickeltes "Triptychon" mit Stücken von Manuel de Falla, Arnold Schönberg und Igor Strawinsky präsentiert, das heuer in Aix gezeigt wurde.

2005 kommt Händels Hercules , den Luc Bondy 2004 für Aix inszeniert, 2006 startet Patrice Chèreaus Cosí fan Tutte -Inszenierung zum Mozartjahr in Wien. Geplant scheint weiters die Übernahme der Boesmans-Oper Mademoiselle Julie , die Bondy 2005 in Brüssel besorgt, durch die Festwochen 2007 und eine weitere Koproduktion, die 2006 in Wien erarbeitet wird. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.9.2003)