Nachbarn sind nicht immer die erste Wahl, wenn es darum geht, miteinander ins Geschäft zu kommen. Zumindest in der Filmbranche ist das wechselseitige Interesse an Kooperationen zwischen deutschsprachigen Ländern und den EU-Beitrittskandidaten durchaus ausbaufähig.

"Pro Erweiterung in der Filmwirtschaft" lautete denn auch das Programm eines Kongresses, der in den vergangenen zwei Tagen in Wien stattfand (und Ende Oktober in Berlin fortgesetzt wird). Er versucht, als eine Art Geburtshelfer zu fungieren: eine Plattform für einen ersten Austausch von länderspezifischen Modellen, der in eine verstärkte regionale Vernetzung münden soll.

Strukturelle Probleme der deutschsprachigen Kinoproduktion

Peter Zawrel, Geschäftsführer des Filmfonds Wien, merkte gleich zu Beginn an, dass die Initiative spät komme. Die Ursachen hiefür sieht der Unternehmensberater Michael Paul in strukturellen Problemen der deutschsprachigen Kinoproduktion: So seien etwa die nationalen Förderungsmodelle zu komplex, Steueranreize wie auch größere Budgets fehlen.

Vonseiten der Produzenten beklagte Stefan Arndt ("Good Bye, Lenin"), dass TV-Sender für deutsche Produktionen nach wie vor geringere Lizenzgebühren bezahlen. Er bekannte sich zu einem "Kino der nationalen Eigenarten", denn Koproduktionen im großen Maßstab ("Europuddings"), aber ohne kulturelle Identität, haben sich nicht bewährt.

Situation in osteuropäischen Ländern

Die Situation in den osteuropäischen Ländern ist heterogen: Kleine Länder wie die baltischen Staaten verfügen nur über sehr geringe Budgets und infrastrukturelle Anreize. Die Erwartungen hinsichtlich eines EU-Beitritts sind entsprechend hoch. Jelka Stergel, Direktorin des Filmfestivals von Ljubljana, betonte, dass es in Slowenien "weniger eine Frage der Filmproduktion als eine des kulturellen Sektors" sei. Ausländische Investoren nehmen hauptsächlich die günstigen Dienstleistungen in Anspruch, ohne kreative Kapazitäten zu nutzen.

In Ungarn herrscht hingegen der politische Wille, die heimische Filmproduktion zu beleben – für 2006 ist eine massive Aufstockung der Fördermittel geplant. Anders ist die Lage in Polen und Tschechien, die trotz ihrer reichen Filmtraditionen mit geringen Budgets auskommen müssen. Im Servicebereich geraten sie zunehmend durch Länder wie Bulgarien und Rumänien unter Druck, deren Ressourcen vor allem US-Produktionen nutzen. Nicht zuletzt vor dieser Entwicklung droht Europa einmal mehr ins Hintertreffen zu geraten. (kam/DER STANDARD, Printausgabe vom 17.9.2003)