Roboterfußball Weltmeisterschaft in Wien, 28. September bis 3. Oktober 2003, Wiener Messezentrum (Reed Exhibitions). Der Eintritt ist frei.

Foto: Institute for Handling Devices and Robotics

Der Ball ist rund, ein Fußballroboter ist ein Würfel.

Foto: Institute for Handling Devices and Robotics
Das legendäre österreichische Fußball-Wunderteam der Dreißigerjahre feiert am 28. September in Wien eine Wiederauferstehung. Sindelar, Smistik, Hiden, Nausch, Gschweidl und Co. werden im Wiener Messezentrum zu einem von der technischen Fachwelt international beachteten Schau-Spiel antreten. Bei der Roboter-Fußballweltmeisterschaft, an der 20 Nationen teilnehmen, tragen die computergesteuerten Metallmannen der Mannschaft "Austro W" die Namen vergangener österreichischer Fußballgrößen.

Endlich wer

Ihr Sieg könnte programmiert sein. Beim Roboterfußball ist Österreich eine echte Weltmacht. In einigen der sieben Wettkampfkategorien, die sich in Größe der Maschinen und der Spielerzahl von einander unterscheiden, zählen die rot-weiß-roten Teams zum Favoritenkreis. Besonders in der Kategorie MiroSot (Micro Robot Soccer Tournament) sind Weltmeistertitel zum Greifen nahe. Gespielt wird MiroSot mit einem Golfball. Die Kleinroboter haben Würfelform mit maximal 7,5 cm Kantenlänge. Sie sind ca. 600 Gramm schwer und bewegen sich auf Rädern. Eine Kamera über dem Spielfeld liefert 60 Bilder pro Sekunde in die zwei Teamcomputer, welche jeweils ihre Mannschaft steuern. Spielzüge, Koordination und Strategieprogramme, Funksysteme und ausgeklügelte Feinmechanik machen den Roboterfußball zur technischen Meisterleistung.

Berechnungen

Selbst Verzögerungen von neun Zentimetern sind inzwischen durch Vorhersage-Logarithmen mit eingerechnet. Mit 18 Kilometern in der Stunde Höchstgeschwindigkeit flitzen die Micro-Roboter über ein maximal zehn Quadratmeter großes Spielfeld. Da kann es bei den verbissenen Zweikämpfen schon zu ordentlichen Blessuren kommen. Teamärzte und Betreuer kümmern sich auch hier um ihre Schützlinge. Lötkolben und Schraubenzieher sind das zumeist gebrauchte Operationsgerät. Gezielte Spritzen und Infusionen mit Nähmaschinenöl bringen so manche müde gewordenen Glieder wieder auf Vordermann. Der Kader besteht aus teuren Profis, die gehätschelt werden müssen: Rund 1000 Euro kostet ein künstlicher Fußballspieler, gleich ob am Spielfeld oder als Edelreservist auf der Ersatzbank.

Auslandsengagement

Die Roboter werden auch für viel Geld ins Ausland verkauft. So holten sich erst unlängst die Arabischen Emirate bei Österreich Fußballentwicklungshilfe und den Grundstock für den Aufbau einer Nationalmannschaft. Teamkapitän der Österreicher ist ein rühriger Professor der Technischen Universität Wien: Peter Kopacek. "Ich bin sozusagen hier der Hans Krankl", sagt er über seine Rolle. Er kümmert sich um alle Konditionsprobleme, die Trainingslager der Assistenten, optimale studentische Betreuung, Mannschaftsaufstellungen und die Verbandsarbeit. Das Ganze geschieht in der Nebenrolle als Vorstand des "Instituts für Handhabungsgeräte und Robotertechnik". Vor allem fungiert Kopacek aber auch noch als Vizepräsident des Roboter-Fußball-Weltverbandes FIRA. So brachte er Österreich die heiß umkämpfte Durchführung der Weltmeisterschaften 2003 aus Korea mit. Sie werden nun zwischen 28. September und 3. Oktober im Messezentrum Wien abgehalten.

Jährlich

Die Weltmeisterschaften finden seit 1996 jährlich statt und sind Spiegelbild der weltweit rasanten Roboterentwicklung. "Natürlich gibt es einen industriellen Hintergrund. Wir sammeln in spielerischer Weise Erfahrungen für komplexe Steuerungen", erklärt Kopacek. Seine hochspezialisierten Roboter nennt er folglich auch "Kollegen". Und "80 bis 100 solcher Kollegen werden demnächst in den Fabriken unsere Autos zusammenbauen", sagt er. "Sie werden intelligent sein und komplexe Aufgaben selbstständig lösen." Fußball sei "die billige und lustige Testumgebung für hochspezialisierte industrielle Anwendungen".

Ausblick

Die Entwicklung am Robotersektor ist rasant. Nun treten bereits ausgereiftere Zweibeiner ähnlich wie Kleinausgaben des C-3PO in Star Wars auf, die sich allerdings bisher wenig geschmeidig bewegen. "Diese Watschelroboter werden aber bis spätestens 2015 die echte österreichische Fußball-Nationalmannschaft besiegen und bis spätestens 2022 die Brasilianer entthronen können", ist sich Kopacek sicher. Mit dieser Aussage sorgte er bereits für internationale Schlagzeilen. "Prof. Kopacek could have robot answer to Rinaldo", schrieb etwa das irische Massenblatt Daily Star im Juli.

Kein Terminator

Vor Terminatoren und Robotern, die Menschen regieren könnten, fürchtet sich Kopacek auch in fernerer Zukunft nicht. "Künstliche Intelligenz ist immer Software. Roboter können sich zwar auch selbst programmieren, aber das letzte Alzerl regelt immer der Mensch." Und so entscheidet Mensch Kopacek nun letztlich auch über Sieg und Niederlage bei den Weltmeisterschaften. Dort heißen Österreichs "Fußballerzfeinde" nicht Ungarn oder Deutschland ("die sind so schwach, da ist noch lang kein Córdoba in Sicht"), sondern Korea oder Slowenien.

Verluste

Gegen den südlichen Nachbarn führte ein menschlicher Fehler im Vorjahr in letzter Sekunde zu einer schmerzlichen Niederlage. War es falsche Mannschaftsaufstellung oder doch Fehlprogrammierung? Jedenfalls setzte den Golfball nicht ins Tor der Karawankenbären, sondern versenkte ihn souverän in die eigenen Maschen. Manche wollen daraufhin Tränen gesehen zu haben - in den Augen der fix und fertigen Programmierer. (Paul Vecsei / DER STANDARD, Printausgabe, 15.9.2003)