"Damit hätte Adorno wohl nichts anfangen können"
Ligeti berichtete, wie er hinter dem Eisernen Vorhang auf Schleichwegen an die im Sozialismus verbotene musik-philosophische Literatur Adornos gelangt sei. Er kritisierte die 68er Bewegung, die Adorno etwa mit Krawallen zu einem Hanswurst gemacht habe. Das sei zutiefst unfair gewesen. Der Laudator und Musikkritiker Gerhard Koch sagte in seiner Rede zu Ehren des 80-jährigen Ligeti, der Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker und Komponist Adorno sei von der Ästhetik der Klangwolken Ligetis ohne Punkte und ohne Linien, mit schrillen Tönen und Ambivalenzen fasziniert gewesen. Später habe sich Ligetis Musik außer-europäischen Einflüssen geöffnet: "Damit hätte Adorno wohl nichts anfangen können."
Affinität mit Adornos Musikästhetik
Die Musik des gebürtigen Ungarn und österreichischen Staatsbürgers habe "eine große Affinität mit Adornos Musikästhetik", heißt es in der Preisurkunde. Ligeti sei "einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart". Er habe "die Vision einer neuen Musik verwirklicht" und mit einer "außerordentlichen stilistischen Vielfalt" den "Grunderfahrungen der Moderne Ausdruck verliehen." Der Adorno-Preis wurde anlässlich des 100. Geburtstags seines Namensgebers am vergangenen Donnerstag außer der Reihe vergeben. Vor zwei Jahren hatte der Philosoph Jacques Derrida die Ehrung erhalten. Die Stadt ehrt mit dem Adorno-Preis seit 1977 Persönlichkeiten für hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Philosophie, der Musik, des Theaters oder des Films.
Ligeti wurde am 28. Mai 1923 als Sohn jüdischer Eltern ungarischer Nationalität in Siebenbürgen geboren. Während des Zweiten Weltkriegs studierte er Musik in Klausenburg und Budapest. Nach dem Aufstand 1956 in Ungarn floh er nach Wien und gelangte auf Einladung Herbert Eimerts und Karlheinz Stockhausens nach Köln. Von 1973 bis 1989 hatte Ligeti eine Professur für Komposition an der Hamburger Musikhochschule inne.
Typisches Prinzip seiner Musik sind Klangflächenkompositionen. Bedeutende Werke Ligetis sind "Nouvelles Aventures" und die Oper "Le Grand Macabre". Elemente des Stückes "Atmospheres" von Ligeti übernahm Stanley Kubrick für seine Filmmusik von "2001 - Odyssee im Weltraum".