Als die EU-Kommission im Vorjahr die Crème de la crème der heimischen Bankenlandschaft zu einer Strafe von 124 Millionen Euro verdonnerte, sprach Wettbewerbskommissar Mario Monti von einem der "schockierendsten Kartelle, das die Kommission je aufgedeckt hat". Jahrelang sei ergebnislos im so genannten Lombard-Klub über Zinsen und Gebühren lediglich "gesprochen" worden, rechtfertigten sich die Banken.

Nach dem alten, mittlerweile reformierten Kartellrecht hätten den Bankern bis zu drei Jahre Haft gedroht, denn es macht wettbewerbsrechtlich keinen Unterschied, ob ein Kartell in der Praxis funktioniert oder nicht. Heute sind die Staatsanwälte auch in spektakulären Fällen dazu übergegangen, statt die Gerichte zu bemühen, den "Verdächtigen" eine Streitbeilegung per Geldbuße anzubieten und ihnen und sich selbst ein mühsames Verfahren zu ersparen. Wer zahlt, bleibt unbescholten.

Das an und für sich sinnvolle, aus den USA stammende Instrument der Diversion war jedoch von Anfang an für leichtere Delikte wie Ladendiebstähle gedacht. Schwerwiegendes wie den Insiderhandel von Voest-Chef Franz Struzl oder verbotene Zinsabsprachen bei Banken per Geldbußen unter den Teppich zu kehren, pervertiert dieses Rechtsinstrument.

Jörg Haiders Schadensbezifferung von sieben Milliarden Euro ist natürlich Schwachsinn, nicht einmal die Kommission konnte einen Schaden für Bankkunden quantifizieren.

Doch: Die Banken haben nicht nur berufen und sogar gegen die Veröffentlichung der Entscheidung geklagt. Sie wollen bis heute auch keinerlei Schuld eingestehen, was aber nach mehrheitlicher Rechtsauslegung die Grundvoraussetzung für eine Diversion ist. Der ordentliche Gerichtsweg ist daher der einzige, der in dieser unrühmlichen Causa beschritten werden sollte. (Der Standard, Printausgabe, 12.09.2003)