Stockholm - Die Jagd nach dem Mörder der schwedischen Außenministerin Anna Lindh ist auch in der zweiten Nacht nach dem Attentat erfolglos geblieben. Wie Polizeisprecher Mats Nylen im Rundfunk sagte, wurden bis Freitagmorgen vor allem Herbergen und andere typische Aufenthaltsorte für psychisch Gestörte und Drogenabhängige kontrolliert. Es hieß weiter, man gehe bei der Fahndung von einem allein Handelnden Täter mit einer oder mehreren Vorstrafen wegen Gewaltanwendung aus. Die Polizei setzt nach eigenen Angaben "alle verfügbaren Kräfte" ein, um das Attentat vom Mittwoch in einem Kaufhaus der schwedischen Hauptstadt schnell aufzuklären.

Täterbeschreibung

Es werde nach einem untersetzten und ungepflegt wirkenden Mann gefahndet, sagte Leif Jennekvist, Leiter der polizeilichen Ermittlungen, am Donnerstag in Stockholm. Die Polizei gehe davon aus, dass es ein Einzeltäter gewesen sei, der vermutlich spontan gehandelt habe, denn es sei vorher nicht bekannt gewesen, dass die Ministerin in das Kaufhaus gehe. Sie habe ihr Büro um 15.45 Uhr verlassen, sei in das Kaufhaus gegangen und mit der Rolltreppe in das zweite Stockwerk gefahren. Dort habe der Täter sie um 16.15 Uhr niedergestochen.

Er flüchtete den Erkenntnissen der Polizei zufolge über eine Rolltreppe aus dem Haus und verschwand auf einer belebten Straße. Dort habe sich seine Spur verloren, sagte Jennekvist. Die erste Polizeipatrouille sei fünf Minuten nach der Alarmierung am Tatort eingetroffen.

Keine Hinweise durch Überwachungskameras

Die Überwachungskameras des Kaufhauses hätten keine Hinweise auf den Täter ergeben, denn "deren Aufnahmen werden nicht aufgezeichnet", sagte der Chefermittler. Sie seien nur zur direkten Beobachtung eingesetzt. Es würden aber auch noch Überwachungskameras auf den mutmaßlichen Fluchtwegen des Täters ausgewertet.

Lindh war von dem Attentäter mehrfach in Brust, Bauch und Arme gestochen worden. Trotz der Anstrengungen der Ärzte im Karolinska-Hospital in Stockholm starb die Politikerin am Donnerstagmorgen an den starken inneren Blutungen.

Die schwedische Polizei steht unter großem Erwartungsdruck, da ihre Ermittlungen nach der Ermordung des Ministerpräsidenten Olof Palme im Jahr 1986 erfolglos geblieben waren. Palmes Mörder wurde nie gefunden. (APA/dpa/Reuters)