Brüssel - Der palästinensische Intellektuelle und Rektor der arabischen Universität in Ostjerusalem, Sari Nusseibeh, hält den im internationalen Nahost-Fahrplan ("road map") verfolgten Ansatz für eine Friedenslösung für "desaströs und total gescheitert". Zusammen mit dem ehemaligen Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Beth, Ami Ayalon, warb er am Dienstag vor Europaabgeordneten in Brüssel für eine neue Friedensinitiative. Darin wird eine direkte Lösung für die "kritischsten Punkte" des Konflikts gesucht, und nicht wie bisher eine "Schritt-für-Schritt"-Lösung über verschiedene Interimsabkommen.

Auch Ayalon meinte, der Nahost-Fahrplan "bricht mit jedem Tag mehr zusammen". "Der designierte palästinensische Regierungschef Ahmed Korei "(Abu Ala) wird nicht gegen die Infrastruktur der Hamas kämpfen", sagte er. Korei könne gegen die radikalislamische Organisation nur vorgehen, wenn er der den Palästinensern Aussicht auf eine endgültige Friedenslösung bieten kann. Scharfe Kritik übte Ayalon an der harten Politik der israelischen Regierung von Ministerpräsident Ariel Sharon: "Immer mehr Menschen in Israel verstehen, dass uns die politische Führung nirgendwo hinführt."

Die von Nusseibeh und Ayalon Ende Juli vorgestellte Initiative "Stimme des Volkes" fordert eine Zwei-Staaten-Lösung, die Anerkennung der Grenzen von 1967 und einen offenen Status für Jerusalem als Hauptstadt Israels und eines künftigen Palästinenserstaates. Grenzänderungen sollten nur durch einen gleichwertigen Abtausch von Land vorgenommen werden. Danach dürften keine israelischen Siedler mehr auf palästinensischen Gebiet bleiben. Ein Rückkehrrecht ist für die Palästinenser nur in ihrem künftigen Staat vorgesehen, über einen internationalen Fonds sollen aber Kompensationszahlungen an Flüchtlinge ergehen. Der palästinensische Staat muss dem Plan zufolge gänzlich demilitarisiert sein.

Nach Angaben von Ayalon haben bisher 50.000 Israelis und 30.000 Palästinenser die Initiative unterschrieben. Der Ex-Geheimdienstchef hofft auf eine Verdoppelung der Unterschriften in den nächsten zwei Monaten. Der Friedensplan soll demnächst allen Parlamentsparteien in Israel und der palästinensischen Führung vorgelegt werden. Die EU hatte erklärt, an dem internationalen Nahost-Fahrplan auch nach Rücktritt des palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas festhalten zu wollen.(APA)