Von Daniela Almer
Informationsstelle gegen Gewalt
(Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser)
Logo der Informationsstelle gegen Gewalt

"Die Zahl der Mordfälle in Wien ist seit Jahren rückläufig", war am Wochenende in der Printausgabe des Standard nachzulesen. An und für sich eine freudige Mitteilung, die nicht weiter Anlass zu Widerspruch gibt, wäre ich nicht über folgenden lapidaren Nebensatz gestolpert: "Der Großteil der heurigen Fälle waren leicht aufzuklärende Beziehungstaten ...". Auf diesen Umstand wird in dem Artikel nicht weiter eingegangen, deshalb werde ich das stellvertretend für den Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, der seit 15 Jahren Maßnahmen zur Prävention von Gewalt in Beziehungen setzt, nachholen:

Laut Kriminalstatistik passiert in Österreich mehr als die Hälfte aller Morde innerhalb von Beziehungen. Aus langjähriger Erfahrung lässt sich sagen, dass bei diesen Delikten in der Mehrzahl Frauen und Kinder von ihren Ehemännern, Lebensgefährten oder anderen männlichen Bekannten umgebracht werden. Hinter den "leicht aufzuklärenden Beziehungstaten" stehen menschliche Tragödien. Vielen dieser Morde geht eine langjährige Gewaltgeschichte voraus: Laut Schätzungen ist jede fünfte Frau in Österreich von Gewalt durch einen, ihr nahestehenden Mann, betroffen. Für Frauen in Österreich ist nicht der dunkle Park der gefährlichste Ort: Das größte Risiko misshandelt oder sogar getötet zu werden, haben sie im eigenen Heim.

Auf mein Nachfragen beim zuständigen Redakteur des Standard, stößt der Wunsch, dieser lapidaren Feststellung einen Kommentar hinzuzufügen auf Unverständnis. Dieses Thema sei derzeit nicht aktuell und stehe auch nicht auf der Prioritätenliste. Da muss ich dem Standard-Mitarbeiter leider widersprechen: Gewalt von Männern an Frauen und Kindern passiert tagtäglich und ist deshalb nur noch eine Meldung wert, wenn Frauen von ihren Männern ermordet und Kinder vom eigenen Vater entführt oder umgebracht werden. Viele dieser Taten werden angekündigt: "Ich bring’ dich um, wenn ...", und trotzdem werden Frauen und Kinder vor ihren potientiellen Mördern oft nicht ausreichend geschützt.

Die Medien könnten eine große Rolle dabei spielen, das Unrechtsbewusstsein bei Gewalt gegen Frauen und Kinder im sozialen Nahraum zu steigern. Dazu müssten aus Nebensätzen allerdings Schlagzeilen werden.