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Mehr Waffen als Rezept gegen die schwächelnde Wirtschaft

Foto: APA/USAF

Wirtschaftswachstum und Militärausgaben

Grafik: STANDARD
Washington - Die Verteidigungsausgaben als Beitrag zum Wirtschaftswachstum der USA sind auf das höchste Niveau seit März 1967, dem Höhepunkt des Vietnamkriegs, gestiegen. Das inflationsbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Vereinigten Staaten ist im Quartal zwischen März und Juni auf Jahresbasis 3,1 Prozent gewachsen. Die Verteidigungsausgaben generierten dabei mit einen Anteil von 1,75 Prozentpunkten mehr als 56 Prozent, geht aus offiziellen Regierungsstatistiken hervor. Die außerhalb des Rüstungssektors eher lethargische US-Wirtschaft nähert sich mit dem um Verteidigungsausgaben bereinigten nominalen Bruttoinlandsprodukt dem Tiefstand, den es im März 1954 erreichte. In den acht Quartalen vor dem Irakkrieg lag der Beitrag des Verteidigungshaushaltes zum realen US-BIP im Schnitt bei 0,28 Prozentpunkten.

"Seit die Rezession im März 2001 begann, haben wir fast drei Millionen Arbeitsplätze verloren, und die Unternehmen bauen auch Mitte 2003 noch Stellen ab", meinte Barry P. Bosworth, Volkswirt bei der in Washington ansässigen Brookings Institution. Das nominale Wachstum des BIP im zweiten Quartal wurde mit vier Prozent ausgewiesen, inklusive des Verteidigungsbeitrags. Volkswirte gehen davon aus, dass ein anhaltendes BIP-Wachstum von mehr als fünf Prozent nötig ist, um das Beschäftigungswachstum wieder anzuheizen.

USA bleiben vorne

Die sich abzeichnende Erholung der Weltwirtschaft wird nach Prognosen von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank und OECD erneut von der US-Konjunktur getrieben, während Europa mit geringen Wachstumsraten hinterherhinkt. Der Chef des IWF, Horst Köhler, warnte vor zu großer Abhängigkeit von der Konjunkturlokomotive USA, deren hohes Leistungsbilanzdefizit ein Risikofaktor sei.

Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) plädierte abermals für eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB), um Europas Wachstum anzukurbeln. Der designierte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet betonte jedoch, dass der Leitzins in der Eurozone bereits auf dem tiefsten Stand seit einem halben Jahrhundert liege.

DAX erreicht Einjahreshoch

Der Deutsche Aktienindex Dax erreichte, getrieben von wachsendem Konjunkturoptimismus, in der abgelaufenen Woche ein Einjahreshoch über 3600 Zähler. Nach der jüngsten Prognoseanpassung der OECD wird das Wachstum in den USA und Europa 2003 aber deutlich auseinander klaffen: Die Organisation halbierte ihre Vorhersage für die Eurozone auf 0,5 Prozent, hielt an ihrer Prognose für die USA von 2,5 Prozent aber fest.

Der IWF rechnet mit einer Beschleunigung in den USA von 2,4 Prozent in diesem Jahr auf 3,7 Prozent 2004. Während Amerika und Asien maßgeblich zu einem Wachstum der Weltwirtschaft von vier Prozent 2004 beitragen sollten, gibt es in Europa nur wenige Anzeichen für eine Trendwende.

Warnug vor Abhängigkeit

Köhler warnte daher vor zu starker Abhängigkeit der globalen Konjunktur von den USA: "Das größte Risiko für die Weltwirtschaft bleibt die starke Abhängigkeit vom Wachstum in den USA und das damit zusammenhängende globale Ungleichgewicht in der Leistungsbilanz."

Mittelfristig sei dieses unhaltbar. Bei einer unkontrollierten Anpassung bestehe die Gefahr, dass das Wachstum gestört werde. Auch Deutsche-Bundesbank-Vizepräsident Stark warnte vor der Gefahr abrupter Wechselkursausschläge, die das hohe US-Leistungsbilanz berge. Um dieses zu finanzieren, müssten täglich zwei Milliarden Dollar in die USA fließen. (Bloomberg, Reuters, red, Der Standard, Printausgabe, 08.09.2003)