Najaf/Wien - Die Sciri des ermordeten Mohammed Bakir al-Hakim ist diejenige schiitische islamistische Partei, die sich als "die" Vertretung der irakischen Schiiten geriert - wobei dieser Versuch in den vergangenen Jahren zu Kompromissen in der Selbstdarstellung führte: Sciri stand zumindest im Ausland offiziell nicht mehr für "Supreme Council for Islamic Revolution in Iraq", sondern für "Supreme Council for Islamic Resistance in Iraq".

Die Partei, die ihren Sitz in Teheran hatte - wo auch der Ermordete residierte - und die sich stets zur iranischen Staatsform bekannte, stand ab Mitte der 90er-Jahre in Kontakt mit den USA, wenngleich sie sich wie die anderen schiitischen islamistischen Parteien "Dawa" und "Amal" stets vom von den USA gesponserten INC (Irakischen Nationalkongress) von Ahmad Chalabi distanzierte.

Die Sciri war vor dem Krieg die einzige schiitische Islamistenpartei, die von den USA als förderungswürdig anerkannt wurde: Sie bedankte sich mit einem Bekenntnis zur demokratischen Staatsform im Irak, wobei dies wohl ziemlich simpel Mehrheitsherrschaft - unter Vereinnahmung der nicht religiösen Schiiten - bedeuten sollte.

Neue Gemäßigte

Zu einem gewissen schiitisch-islamistischen Pluralismus ist die Sciri bereit, in der großen irakischen Oppositionskonferenz im Dezember sorgte sie dafür, dass religiöse Schiiten aus anderen Gruppierungen auf ihrem Ticket teilnahmen, was eine religiöse Mehrheit in der Konferenz und damit einen Verfassungsentwurf zur Folge hatte, in dem der Islam als "die" Quelle der Rechtsprechung (al-islam masdar at-tashri') im Irak festgeschrieben wurde (und nicht, wie in einer beschönigenden englischen Übersetzung: Islam ist "eine" Quelle . . .). Dass die Sciri-Islamisten nun im Vergleich mit den Radikalen von Moktada al-Sadr gemäßigt aussehen, ist ein Treppenwitz des Irakkrieges. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.8.2003)