Der EU-Kommissionspräsident Romano Prodi will als Zeuge vor der parlamentarischen Kommission aussagen, die in Rom Klarheit über den Skandal um die Telekom Serbia schaffen will. Dabei geht es um Schmiergelder, die angeblich im Zusammenhang mit dem Kauf eines 30-prozentigen Aktienpakets der Telekom Serbia durch die Telecom Italia im Jahr 1997 gezahlt wurden. In einem Brief an das Wochenmagazin "L´Espresso" betonte Prodi, er wolle seinen Standpunkt klar stellen.

Beschuldigungen

Prodi, der 1997 italienischer Ministerpräsident war, wurde in den vergangenen Tagen vom skandalumwitterten Geschäftsmann Igor Marini erneut beschuldigt, Schmiergelder im Zusammenhang mit der Übernahme der Beteiligung an der Telekom Serbia kassiert zu haben. Marini hatte auch Ex-Außenminister Lamberto Dini belastet, der derzeit als Vertreter der italienischen Opposition im EU-Konvent sitzt, sowie den damaligen Minister für Außenhandel, Piero Fassino, zur Zeit Vorsitzender der Linksdemokraten (DS, stärkste Oppositionspartei).

"Weder als privater Bürger noch als Regierungschef hatte ich damals etwas mit der Übernahme des Anteils an der Telekom Serbia zu tun. Es hätte auch keine Gründe gegeben, warum ich mich um die Übernahme hätte kümmern sollen", schrieb Prodi. Er zeigte sich über die "diffamierende Aktion" und die "Verleumdungskampagne" Marinis entrüstet. Auch Fassino, Oppositionschef Francesco Rutelli und der römische Bürgermeister Walter Veltroni, die ebenfalls von Marini beschuldigt wurden, Schmiergelder eingesteckt zu haben, erklärten sich bereit, von der parlamentarischen Kommission auszusagen.

Schmiergelder

Prodi, Dini und Fassino hätten laut Marini, der sich in Turin in Untersuchungshaft befindet, Schmiergelder in der Höhe von 225 Millionen Dollar (198 Mill. Euro) kassiert. 100 Millionen Dollar, die für Prodi bestimmt waren, und 50 Millionen Dollar für Fassino seien auf österreichischen Bankkonten gelandet, hatte Marini berichtet.

Die Staatsanwaltschaft von Turin hatte diese Woche erklärt, an Österreich ein Rechtshilfegesuch gerichtet zu haben. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft betonte, dass das Gesuch den Wiener Justizbehörden zugeleitet werde, um Klarheit über mögliche geheime Bankkonten in Österreich zu schaffen, auf die Schmiergelder geflossen sein könnten.(APA)