Linz - Das Urteil des Landesgerichtes Linz, in dem festgestellt wird, dass die Bezeichnung "Scheiß Neger" für einen Schwarzafrikaner zwar eine Ehrenbeleidigung sei, aber kein Verstoß gegen die Menschenwürde, sorgt auch zwei Wochen, nachdem es bekannt wurde, für Kritik. Die oberösterreichische überparteiliche Plattform "Land der Menschen" forderte als Konsequenz ein wirksames Anti-Diskriminierungs-Gesetz.

Der Vorsitzende der Plattform Bischofsvikar Josef Mayr sowie seine beiden Stellvertreter ÖGB-Landessekretär Erich Gumpelmaier und Volkshilfe-Präsident Josef Weidenholzer stellten fest, es dürfe einfach nicht als "Kavaliersdelikt" abgetan werden, wenn jemand rassistisch beschimpft werde, schon gar nicht von einem Staatsorgan in Ausübung seines Dienstes. Der zur Zeit vorliegende Regierungsentwurf für ein Anti-Diskriminierungs-Gesetz sei in vieler Hinsicht "zahnlos und lückenhaft". Das Gesetz drohe zum bloßen Alibi zu werden, wenn nicht eine grundlegende Überarbeitung unter Einbindung aller betroffenen Nicht-Regierungs-Organisationen erfolge.

Im konkreten Fall könne die Staatsanwaltschaft nicht tätig werden. Der betroffene Afrikaner müsste eine Privatklage einbringen und für den Prozess das volle Prozessrisiko übernehmen. Die Plattform "Land der Menschen" will nun die Prozesskosten für eine Privatklage übernehmen.

Das Urteil war erfolgt nachdem ein Afrikaner - ein von Österreich anerkannter Flüchtling, der hier mit seiner Familie lebt - im vergangenen Jahr im Zuge einer Lenkerkontrolle von einem Polizeibeamten als "Scheiß Neger" bezeichnet worden war. Die Staatsanwaltschaft Linz brachte einen Bestrafungsantrag gegen den Polizisten ein, weil der Verdacht einer feindseligen Handlung gegen eine Rasse bestand. Das Bezirksgericht stellte das Verfahren allerdings ein. Die Sache ging zur zweiten Instanz, dem Landesgericht Linz. Und dieses bestätigte die Verfahrenseinstellung durch das Bezirksgericht.

Begründet wurde die Entscheidung der Justiz damit, dass ein Verstoß gegen die Menschenwürde nur dann vorläge, wenn jemandem "unmittelbar oder mittelbar das Recht auf Menschsein schlechthin abgesprochen wird". Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Personen als "Untermenschen" bezeichnet werden oder wenn geäußert werde, "man soll sie 'vergasen' oder 'vertilgen'". Wenn also mit der Bezeichnung "Scheiß Neger" Äußerungen verbunden würden wie "ihr gehört alle weggeräumt", so wäre die Menschenwürde verletzt. "Mit der bloßen Verwendung des Wortes 'Scheiß...' wird jedoch nur der Unmut gegenüber einer Person, einer Verhaltensweise, einer Tätigkeit etc. bekundet, nicht jedoch das Lebensrecht einer Person generell abgesprochen", so der Richter in seiner Begründung.

Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) hat nach dem Bekanntwerden des Urteils die Generalprokuratur beauftragt, beim Obersten Gerichtshof (OGH) eine Überprüfung des Urteils zu beantragen. Das Urteil habe "Irritationen" ausgelöst, deshalb sei es "notwendig und richtig", es zu überprüfen. (APA)