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Wien - Leichtathlet Elmar Lichtenegger und die Ruderer Martin Kobau, Helfried Jurtschitsch und Norbert Lambing könnten über das Nahrungsergänzungsmittel (NEM) MegaRibosyn 1100 stolpern. Auch wenn alle vier österreichischen Spitzensportler, deren Doping-Tests positiv verlaufen sind, ihre Unschuld beteuern und im Sinne einer verbotenen Leistungssteigerung vielleicht auch sind, droht eine Bestrafung durch die internationalen Verbände. Denn das Problem mit verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln ist spätestens seit zwei Jahren bekannt.

Nahrungsergänzungsmittel sind seit 1997 auf dem Markt und wurden in der Vergangenheit häufig von Athleten, die des Dopings überführte wurden, als Entschuldigung für Manipulationsvergehen angegeben. Im April des Vorjahres sprach das Internationale Olympische Comitee (IOC) aber eine generelle Warnung betreffend der Einnahme von NEM aus, die Medizinische Kommission des IOC erklärte die Spitzensportler in einer Presseaussendung für verantwortlich. "Nach den Regeln der Olympischen Bewegung sind die Athleten strikt verantwortlich dafür, welche Substanzen in ihren Körpern gefunden werden", hieß es in der Erklärung.

Verunreinigung keine Seltenheit

Das IOC reagierte damit auf eine Untersuchung des Kölner Anti-Doping-Labors zwischen Oktober 2000 und November 2001. Das Labor untersuchte 634 NEM von 215 verschiedenen Anbietern in 13 Ländern. Das Ergebnis: 94 oder 14,8 Prozent der getesteten Produkte waren verunreinigt, 23 davon enthielten Spuren von Nandrolon und Testosteron, 64 lediglich Testosteron und sieben allein Nandrolon.

Ein ähnlich bedenkliches Ergebnis hatte eine Untersuchung des Austrian Research Center in Seibersdorf im Jahr 2001 gebracht. Das ARC hatte 54 Produkte auf Verunreinigungen durch anabole Steroide, die als Prohormone bekannt sind, untersucht. In zwölf Produkten, das sind 22 Prozent, wurde eine Verunreinigung nachgewiesen. "Wir haben die Sportverbände darauf hingewiesen. Einige Firmen haben sich dann an uns gewandt, um ihre Produkte überprüfen zu lassen. Darunter auch die Firma VitaminExpress", erklärte ARC-Leiter Dr. Günther Gmeiner. Ein Produkt dieser Firma soll die positiven Befunde verursacht haben.

Das ARC untersuchte zwei Chargen von MegaRibosyn 1100, die beide nicht mit Doping-Mitteln kontaminiert waren. Aber: "Wir analysieren nicht Produkte an sich, sonder immer nur Chargen eines Produkts. Das heißt, wir sagen nicht, das Produkt ist nicht kontaminiert, sonder immer nur, eine Produkt-Charge ist nicht kontaminiert", stellte Gmeiner klar. Das dürfte Lichtenegger und Co. zum Verhängnis geworden sein, denn eine Leistungssteigerung durch die minimale Überschreitung des Grenzwertes schließt Gmeiner aus.

Fehlende Richtlinien

Hier hakt Johann Maier, SPÖ-Konsumentensprecher im Nationalrat und Leiter der Konsumentenberatung in Salzburg, ein. "Das grundsätzliche Problem ist, dass es für Arzneimittel strenge Herstellungsrichtlinien und ein strenges Zulassungsverfahren gibt. Für Nahrungsergänzungsmittel gibt es europaweit eine derartige Regelung nicht. Daher weiß man nicht, wie zum Beispiel Wachstumshormone in die Produkte kommen. Wer solche Mittel nimmt, muss damit rechnen, dass sie verunreinigt sind und daher ein positiver Dopingbefund entstehen kann. Das Problem ist spätestens seit dem Jahr 2001 bekannt, aber bis heute ist de facto nichts passiert", erklärte Maier, der im vergangenen Juni einen Entschließungsantrag zur Änderung der gesetzlichen Bestimmungen eingebracht, der aber vertagt worden war.

Maier fordert darin, unter Einbeziehung aller bekannten (legalen wie illegalen) Vertriebswege eine umfassende Untersuchung der in Österreich erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel auf verbotene Stoffe zu veranlassen.

Anti-Doping-Experte Karlheinz Demel sprach eine Warnung vor Nahrungsergänzungsmitteln aus: "Ich rate Sportlern, keine Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen und auf naturnahe Mittel zurückzugreifen oder nur solche einzukaufen, deren Chargennummer auch wirklich getestet wurde." (APA)