Nur in einem Monat habe der US-Nachrichtendienst NSA 71 Millionen Telefongespräche in Polen abgehorcht. Dies behauptet aufgrund der Materialien von Edward Snowden der US-Journalist Glenn Greenwald in seinem Buch "No Place to Hide", wie die polnische Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" am Freitag berichtete.

Laut einem Dokument arbeitete eine "polnische Regierungsagentur" mit der NSA bei der Überwachung der Polen zusammen.

Greenwald veröffentlichte in seinem Buch fast 100 geheime Dokumente, die Snowden aus der NSA entwendet hat. Die Zeitung wies auf zwei Dokumente, die unmittelbar Polen betreffen. Nach einer Grafik belauschte die NSA im Dezember (das Jahr ist nicht bekannt) von einer Million bis zu vier Millionen Telefonate pro Tag. Das andere Dokument zeigt, wie sich die Amerikaner Zugang zu den Telefongesprächen in Polen verschafft hatten. Die geheime Notiz beschreibt "ORANGECRUSH - ein Teil des OAKSTAR-Programm". OAKSTAR ist ein geheimes Computer-Programm, das Telefon- und Internetdaten direkt aus den Hauptkabeln des weltweiten Netzes erfasst. "Ab 3. März übermittelt ORANGECRUSH in die NSA-Ressourcen Metadaten von der Drittseite (Polen). Ab 25. März übermittelt es Inhalte", steht in der Notiz. Metadaten sind Informationen über Telefonnummern. Termin und Länge der Verbindung, Inhalte bedeuten in diesem Fall selbst die Gespräche.

Zusammenarbeit mit einer "polnischen Regierungsagentur"

Aus der Notiz weiß man auch, dass die Lauschaktion dank der Zusammenarbeit mit einer "polnischen Regierungsagentur" möglich ist. Das sind erste Dokumente, die beweisen, dass sich die "polnische Seite" an der elektronischen Überwachung beteiligte. Die NSA platzierte Polen auf der Liste von "Drittpartnern" - unter 23 Staaten aus der ganzen Welt, u.a. Israel, Japan, Pakistan oder Frankreich. Die Hauptpartner der US-Nachrichtendienste sind die Staaten der "Allianz der fünf Augen" - Australien, Kanada, Neuseeland und Großbritannien.

100 Fragen richtete im vergangenem Jahr die Stiftung Panoptykon in diesem Zusammenhang an das Kabinett von Premier Donald Tusk. Die Antwort bezeichnete die Stiftung als unbefriedigend. Man weiß weiter nicht, ob es überhaupt irgendwelche internationale Verträge gibt, die die Tätigkeit der US-Nachrichtendienste in Polen regulieren. Keiner der polnischen Geheimdienste beantwortete die Frage, ob sie Zugang zu den Computern-Lauschprogrammen hatte oder hat und ob sie über technische Möglichkeiten verfügen, Telefongespräche und Kommunikation im Internet zu überwachen. (APA, 16.5.201)