Paris - Ein am Donnerstag publiziertes Dekret verleiht dem Wirtschaftsministerium das Recht, die Übernahme französischer durch ausländische Unternehmen zu untersagen, wenn "strategische" Branchen betroffen sind. Ausdrücklich genannt werden die Sparten Energie, Transport, Wasser, Telekom und Gesundheit. Seit 2005 sind Firmenkäufe im Rüstungs- und Sicherheitsbereich genehmigungspflichtig.

Der Initiator des Dekrets, Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, begründet sein Vorgehen mit dem Schlagwort des "ökonomischen Patriotismus". Es sei nur normal, dass ein Land seine vitalen Interessen schütze und verteidige. Montebourg bestreitet gar nicht erst, dass der Erlass die Übernahme des Energie- und Transportkonzerns Alstom durch den amerikanischen Branchenleader General Electric (GE) verhindern könnte. Die Regierung bevorzugt als Alstom-Partner eine europäische Lösung mit Siemens.

Der Münchner Konzern hat allerdings im Unterschied zu GE noch kein konkretes Übernahmeangebot vorgelegt. Er hat damit noch bis Ende Mai Zeit. Die Gewerkschaften und der Verwaltungsrat von Alstom haben sich für GE ausgesprochen.

Sorgsam prüfen

Die EU-Kommission will den Erlass "sorgsam" prüfen, wie Binnenmarktkommissar Michel Barnier ankündigte. Er fragte sich bei einer Pressekonferenz, ob das französische Vorgehen nicht gegen die Prinzipien des freien Kapitalverkehrs verstoße.

In Paris gehen die Meinungen auseinander, ob das "Alstom-Dekret" weiter gehe als bestehende Lösungen in England oder den USA, wo die Behörden in strategischen Sektoren ein Mitspracherecht haben. Einzelne Juristen und Experten bezweifeln Montebourgs Behauptung, darunter falle auch die Energiesicherheit. Diese hat im Atomland Frankreich allerdings seit jeher nationale Priorität.

Wirtschaftskreise lehnen die Zulassungspflicht generell ab. "Wir werden das Problem des Landes nicht dauerhaft lösen, indem wir unseren Firmen untersagen, sich an andere zu verkaufen", erklärte Pierre Gattaz, Chef des Arbeitgeberverbandes Medef. Die Ursache, dass Frankreichs BIP im ersten Quartal überraschend bei null lag, wird auch im Rückgang der - französischen wie ausländischen - Investitionen gesehen. Unternehmer werfen Montebourg vor, er schrecke mit seinen Vorstößen ausländische Interessenten ab. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 16.5.2014)