Als Fleischlieferant teilte die Karibische Mönchsrobbe das Schicksal von Dodo, Stellerscher Seekuh, Riesenalk und anderen Spezies, die der Mensch erst in der Neuzeit ausgerottet hat.

Foto: IZW/Peter Schouten

Berlin - Mönchsrobben sind anders als der Großteil ihrer Verwandtschaft an das Leben in wärmeren Gewässern angepasst. Zwei Arten gibt es heute noch, die Mittelmeer-Mönchsrobbe und die Hawaii-Mönchsrobbe. Beide Arten sind stark gefährdet, mit Populationszahlen von 1.200 bzw. sogar nur 600 Tieren. Damit geht es ihnen aber immer noch besser als der dritten Mönchsrobbenart: Diese lebte in der Karibik und wurde im vergangenen Jahrhundert vom Menschen ausgerottet. Nun ziehen Forscher Relikte der verlorenen Spezies heran, um Erkenntnisse über die Evolution dieser Tiergruppe zu gewinnen, wie der Forschungsverbund Berlin berichtet.

Erstmals 1494 von Kolumbus erwähnt, war die über zwei Meter lange Karibische Mönchsrobbe (Monachus tropicalis) in der ganzen Karibik in großer Zahl verbreitet. Durch die uneingeschränkte Jagd im 19. Jahrhundert wurden die Bestände jedoch schnell dezimiert. Die letzte eindeutige Sichtung einer Karibischen Mönchsrobbe war 1952, danach blieben sämtliche Suchexpeditionen vergeblich. Damit gilt die Spezies als bislang jüngstes Beispiel für die Ausrottung eines Meeressäugers in der westlichen Hemisphäre.

Landverbindung und Trennung der Meere

Das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den drei Mönchsrobbenarten wurde bislang nicht vollständig verstanden. Dafür nutzte ein internationales Wissenschafterteam des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), der Smithsonian Institution und der Fordham University in den USA unter anderem DNA-Proben von Karibischen Mönchsrobben. Gewonnen wurden diese aus alten Häuten aus den Smithsonian-Sammlungen. Außerdem wurden die Schädel der drei Spezies miteinander verglichen. Die Ergebnisse wurden im Wissenschaftsjournal "ZooKeys" veröffentlicht.

Der DNA-Vergleich zeigte, dass die Karibische Mönchsrobbe ungeachtet der großen geografischen Entfernung näher mit der Hawaii- als mit der Mittelmeer-Mönchsrobbe verwandt war. "Durch unsere Analysen haben wir festgestellt, dass die molekularen und morphologischen Unterschiede zwischen der Mittelmeer-Art und den zwei Arten der 'Neuen Welt', aus der Karibik und Hawaii, tiefgreifend waren", sagt Alex Greenwood vom Berliner IZW. Dies führte dazu, die Karibische und Hawaii-Mönchsrobbe in einer neuen Gattung namens Neomonachus zu klassifizieren.

Den Stammbaum bis zum gemeinsamen Ursprung der drei Arten zurückzuverfolgen ist gleichzeitig ein Blick in die Erdgeschichte. Die Forscher fanden heraus, dass sich die Karibische und die Hawaii-Mönchsrobbe vor rund drei bis vier Millionen Jahren zu eigenständigen Arten aufgetrennt haben. Zur gleichen Zeit wurden der Atlantische und Pazifische Ozean durch Isthmus von Panama getrennt. Die neue Landverbindung, die zu einem gewaltigen Faunenaustausch zwischen Nord- und Südamerika führte, isolierte die beiden Mönchsrobbenarten, die fortan in getrennten Ozeanen lebten. (red, derStandard.at, 17. 5. 2014)