Moskau/Brüssel/Kiew - Der Streit um russische Gaslieferungen an die Ukraine und die Europäische Union hat sich am Donnerstag wieder verschärft. In einem zweiten Schreiben an 19 europäische Staaten, unter ihnen Österreich, hat der russische Präsident Wladimir Putin gedroht, bereits ab 1. Juni die Gaslieferungen an die Ukraine zu reduzieren. Es werde nur mehr so viel geliefert, wie Kiew im Voraus an Gazprom bezahle.
In dem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben an Österreich, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Frankreich, Italien, Mazedonien, Moldau, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien und die Türke verweist Putin darauf, dass sich trotz Bemühungen der EU im Gasstreit mit der Ukraine die Lage im vergangenen Montag nicht gebessert habe. "Im Gegenteil hat sich die Situation mit den Zahlungen für russisches Gas verschlechtert."
Gazprom habe keine einzige Zahlung für Gaslieferungen an die Ukraine erhalten, und insgesamt habe sich die Schuld Kiews von 2,237 Milliarden auf 3,508 Milliarden Dollar erhöht. "Und das trotz der Tatsache, dass die Ukraine die erste Tranche des IWF-Kredits von 3,2 Milliarden Dollar erhalten hat", heißt es in dem Brief.
Ukraine will vier Milliarden zahlen
Zuvor hatte sich die Ukraine bereit erklärt, Russland bis Ende Mai 4 Mrd. Dollar (2,9 Mrd. Euro) für Gaslieferungen zu zahlen. Bedingung sei, dass der Preis auf 268,5 Dollar (195,71 Euro) pro 1.000 Kubikmeter Erdgas esenkt werde, sagte der stellvertretenden Energieminister Ihor Didenko. Russland verlangt dagegen 485 Dollar (353,52 Euro) je 1.000 Kubikmeter.
Die russische Regierung zeigte sich skeptisch, dass die Ukraine überhaupt für Gaslieferungen zahlt. Selbst zu einem fiktiven Preis von 100 Dollar (72,89 Euro) je 1.000 Kubikmeter sei das angesichts der wirtschaftlichen Situation des Nachbarlandes unwahrscheinlich, sagte der russische Energieminister Alexander Nowak in Moskau. Die Ukraine sei derzeit komplett zahlungsunfähig.
Didenko sagte dagegen, die Ukraine habe stets erklärt, dass der Gaskonzern Naftogaz bis Ende des Monats rund 4 Mrd. Dollar zahlen werde, wenn der Preis bei 268,5 Dollar festgelegt werde. Im Mai wolle sein Land 3,4 Mrd. Kubikmeter Gas aus Russland importieren.
Die ukrainische Regierung und der russische Gasmonopolist Gazprom streiten seit langem über die Begleichung von Gasrechnungen. Gazprom hat die Preise spürbar angezogen und fordert eine Vorauszahlung von 1,66 Mrd. Dollar (1,21 Mrd. Euro), bevor es im Juni weiter Gas liefert. Nach Darstellung von Gazprom hat die Ukraine nur die Hälfte der Gasmenge vorrätig, mit der sie problemlos durch den nächsten Winter käme.
Vertrag
Eine Vorauszahlung für Gaslieferungen an die Ukraine stehe "völlig in Übereinstimmung mit dem Vertrag" und "nach dem 1. Juni werden die Gaslieferungen limitiert, entsprechend dem von der ukrainischen Gasgesellschaft im Voraus bezahlten Rechnung". Putin betonte, dass Russland weiterhin bereit sei, die Verhandlungen fortzusetzen und gemeinsam mit den EU-Ländern zu arbeiten, um die Lage zu normalisieren. "Wir hoffen auch, dass die EU-Kommission sich stärker im Dialog aktiv engagiert, um eine faire Lösung zu finden, die auch hilft, die ukrainische Wirtschaft zu stabilisieren." (APA/Reuters, 15.5.2014)