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Kein Tapering. Viele Datenlecks.

Foto: EPA/Justin Lane

Die Entscheidungen der US-Notenbank Fed bewegen die Märkte. Der 18. September 2013 war dabei keine Ausnahme. Um 14 Uhr Washingtoner Zeit verkündete die US-Notenbank, dass sie ihre Anleihenkäufe über 85 Milliarden Dollar vorerst nicht drosseln werde. Die zum damaligen Zeitpunkt steigenden Zinsen machten den US-Geldpolitikern genug Angst, um den Geldhahn noch ein paar Monate voll aufgedreht zu lassen. An den Märkten hat diese Nachricht zu stark steigenden Goldpreisen geführt.

Doch die Entscheidung am 18. September des Vorjahrs war besonders, denn sie hat die Glaubwürdigkeit der Fed-Informationspolitik nachhaltig geschädigt. Wirtschaftsforscher der Singapore Management University haben nun in einem Forschungspapier "deutliche Hinweise" gefunden, dass es vor Entscheidungen der US-Notenbank Datenlecks gibt, die von Turbohändlern innerhalb von Millisekunden ausgenutzt werden. Zwischen 14 und 256 Millionen Dollar Gewinn haben die vorab informierten Händler mit ihrem Wissen von Fed-Entscheidungen gemacht, schätzen die Forscher.

Die Studie zeigt, dass die Politik der sogenannten Lock-ups nicht funktioniert. Die Fed etwa stellt Journalisten, vorwiegend von den großen Nachrichtenagenturen, vorab die Informationen in ihren Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Eingeweihten – und die Informationen – sollen aber bis 14 Uhr eingesperrt bleiben. Die Medien verpflichten sich, frühestens um 14:00:00 ihre Berichte und Alarme zu verbreiten. Wenige Millisekunden später könnten dann in Chicago und New York die ersten Positionen eingegangen werden.

Die offensichtlichen Datenlecks haben seit Oktober bereits zu einer Änderung der Fed-Informationspolitik geführt. Journalisten müssen jetzt ihre Handys vor dem Lock-up abgeben.

Als Erster hatte Eric Hunsader alle Alarmglocken zur Informationspolitik der Fed geläutet: Er spricht in seinem Blog vom "großen Fed-Raub". Hunsader ist der Gründer von Nanex, einem auf Handelstechnologie spezialisierten Finanzdienstleister, und einer der schärfsten Kritiker des Hochfrequenzhandels.

Die Gewinne mit Datenlecks könnten aber deutlich größer als die von dern Ökonomen geschätzten 250 Millionen Dollar sein. Denn analysiert wurden nur vier Märkte (Futures und ETFs auf die beiden Aktienindizes S&P 500 und Nasdaq 100). Auch bei anderen makroökonomischen Daten, etwa vom US-Arbeitsministerium, seien ähnliche Handelsmuster zu beobachten.

Der Wert der Sekunden

Für den schnellen Zugang zu Information sind Hochfrequenzhändler bereit, tief in die Tasche zu greifen. Ein prominenter Fall ist der Index zum Konsumentenvertrauen, der von der University of Michigan veröffentlicht wird. Thomson Reuters, der Finanznachrichten-Dienstleister, hat Kunden zwei Sekunden Vorsprung zu der Veröffentlichung verkauft, nach Medienberichten um rund 6000 Dollar im Monat.

Die Einnahmen durch einen Vorsprung bei makroökonomischen Daten könnten aber ein Vielfaches betragen. Darauf deuten zumindest die guten Geschäfte der HFT-Firmen. So hat etwa der Hochfrequenzhändler Virtu in offiziellen Dokumenten bestätigt, dass die Firma seit 2009 nur an einem Tag Geld verloren hat.

Eric Schneiderman, der umtriebige New Yorker Staatsanwalt, ist der wichtigste Gegner von dieser Form von Insiderhandel. Er hat etwa Thomson Reuters abgerungen, den elitären Zugang zum Konsumentenvertrauen einzustellen. Er hat Mitte April auch Vorladungen für die größten Hochfrequenzhändler an der Wall Street verschickt, um einen besseren Einblick in die schnellen Geschäfte zu bekommen. (Lukas Sustala, derStandard.at, 15.5.2014)