RAV4 steht für Recreational Active Vehicle 4-Wheel Drive. An seinem 20. Geburtstag jagten wir den SUV-Trendsetter über Sonderprüfungen der Akropolis-Rallye

Normalerweise bekommt man zum Geburtstag etwas geschenkt. Nicht so der RAV4 von Toyota. Der muss zu seinem 20er durch das Hinterland von Griechenland, zwei Sonderprüfungen der Akropolis-Rallye inklusive. Dabei sind die knapp 300 Offroad-Kilometer, einmal so grob über den Daumen geschätzt, mehr, als ein RAV4 im Schnitt pro Autoleben zurücklegt.

Foto: der standard/gluschitsch

Schon 1994, als Toyota mit dem RAV4 den ersten kompakten SUV der Welt bei der Genfer Motorshow vorstellt, ist klar, dass knochenharte Geländetauglichkeit nicht im Fokus der Entwicklung stand. Die Japaner haben jahrelang über das Konzept eines dreitürigen Kompakten mit Allrad­antrieb nachgedacht.

Foto: toyota

Um ein Haar hätten sie ihn wieder eingestampft, statt ihn zu präsentieren, weil einfach nicht klar war, wer sich so ein Crossover kaufen soll, das zwar mit seiner Bodenfreiheit und dem robusten Äußeren ein wenig nach Geländewagen aussieht, eigentlich aber auf der Straße besser aufgehoben ist.

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Entsprechend groß war die Überraschung, als im ersten Jahr mit 53.000 verkauften Autos die Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen wurden. Und heute sind SUVs (im Bild die 2. Generation) die Fahrzeugklasse, oh­ne die man nicht mehr auszukommen scheint in einer Großstadt.

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Toyota hat nach über 5,2 Millionen verkauften RAV4 allen Grund, stolz zu sein. Die jetzige vierte Generation aber deswegen drei Tage durchs Gelände zu jagen ist schon fast boshaft. Denn das SUV-Segment hat sich in den letzten 20 Jahren enorm verändert. Der erste RAV4 war ein Dreitürer mit 2,0-Liter-Motor und 129 PS, permanentem Allradantrieb und einer Länge von 3,69 Metern.

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Heute ist ein SUV ein Fünftürer, gerne mit mehr Leistung, dafür braucht er nicht unbedingt Allrad. Gerade die Frontkratzer verkaufen sich seit ihrer Einführung recht gut. Die Autos wurden also immer mehr auf Straßenkomfort getrimmt und immer mehr der Geländetauglichkeit beraubt – so auch der aktuelle RAV4.

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Wir fahren bei der Geburtstagsrunde den 2,0 D-4D mit 151 PS, 4,57 Meter lang, an die 1600 Kilo schwer. Er besticht wie seine Konkurrenten durch hohe Sitzposition, viel Komfort und ordentliche Straßenlage. Zwar hat er ei­nen Allradantrieb, den wir auf den Schotterpisten gerne nutzen, der uns dann aber doch überrascht.

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Um den Spaßfaktor auf den WRC-Etappen zwischen Klenia und Mykene oder Goura und Ziria ein wenig zu heben, deaktivieren wir das ESP und aktivieren den Allradantrieb. Doch Ersteres schaltet sich ein, sobald der RAV4 ein wenig querkommt, Zweiteres aus, sobald sich die Tachonadel der 50-km/h-Markierung nähert. Also rodeln wir zum feierlichen Geburtstagsfeste mit einem frontkratzigen, selbstregelnden, alubefelgten SUV über die Schotterstraßen, die mit ein wenig Weitsicht auch jeder Country-Golf, Panda oder X6 schafft.

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Wie Didier Au­riol oder Juha Kankkunen, die im RAV4-Geburtsjahr den Toyota Celica Turbo 4WD in der WRC fuhren, fühlen wir uns dabei nicht.

Der RAV4 sitzt manchmal auf, hie und da versucht sich einer der Kollegen durch einen Platten die Tortur zu ersparen. Doch Toyota hat genug Ersatzreifen mit. So bleibt dem RAV4 nichts anderes übrig, als wild Nuller und Einser durch die Kabel, die das Rückgrat des Allradantriebs bilden, zu schicken und zu fahren.

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Über Schotter, Steine, Wiesen, durch Wasser und Schlamm. Nein, er quält sich nicht, er schafft das locker, aber die Wildpferde, die wir unterwegs sehen, fühlen sich in den Bergen sichtlich wohler. Am dritten Tag, wieder auf Asphalt, sind wir erleichtert, legen das schlechte Gewissen ab, den Wagen so geschunden zu haben.

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Die Erleichterung ist nicht von langer Dauer: Der RAV4 erinnert uns bei den Bodenwellen gerne daran, was wir ihm angetan haben – mit quietschenden Dämpfern. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 16.5.2014)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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