Dass mit Ehud Olmert erstmals ein Expremier hinter Gitter kommt, bedeutet für manche in Israel einen beinahe historischen Einschnitt. Dabei ist es nur ein weiterer Schritt einer Entwicklung seit gut 15 Jahren.

Ganze Riegen von Ministern und Vizeministern haben schon jeweils einige Jahre im Gefängnis verbracht; etwa ein Innenminister, der als allmächtig gegolten hatte, oder ein Finanzminister, der fast direkt aus seinem Büro in eine Zelle wanderte, weil er sich an einer Gewerkschaftskasse vergriffen hatte. Dazu kommen unzählige Bürgermeister, die die Gerichtssäle frequentierten und noch frequentieren. Und im negativen Sinne überstrahlt werden alle natürlich von Mosche Katzav, dem ehemaligen Staatspräsidenten, der eine siebenjährige Haftstrafe absitzt, allerdings nicht wegen Korruption, sondern wegen Sexualdelikten.

Wegen der Häufung der Verfahren hört man viele Israelis darüber jammern, dass ihre Politiker ganz besonders korrupt seien. Man könnte aber umgekehrt auch herauslesen, dass die Justiz in Israel gegen korrupte Politiker kompromissloser vorgeht als in anderen Ländern.

Für die Politik ist Olmert jedenfalls endgültig erledigt. Manche setzten nämlich ausgerechnet auf ihn an der Spitze einer neuen Partei, um Premier Benjamin Netanjahu zu besiegen. Dabei ist Olmerts Amtszeit nicht so lange her - da kann man doch nicht vergessen haben, dass er der unpopulärste Regierungschef in Israels Geschichte war. (Ben Segenreich, DER STANDARD, 14.5.2014)