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Nie mehr gähnende Leere: Ziel effizienter Logistik ist es auch, dass nur mehr voll beladene Lkws Waren in die Städte liefern. Die Schonung der Umwelt ist ein Grund dafür - aber nicht der einzige.

Foto: apa/Christian Teske

In den Millionenstädten der Industrieländer wird vieles daran gesetzt, den motorisierten Individualverkehr zurückzudrängen. Öffis werden ausgebaut, Fahrradwege und Park-and-Ride-Anlagen errichtet und Parkgebühren erhöht. Im Bereich des städtischen Güterverkehrs steckt die Umsetzung von Konzepten, die CO2 sparen und den Straßenverkehr entlasten, allerdings noch in den Kinderschuhen.

"Hier gibt es einzelne Regelungen, Gesamtgüterkonzepte sind in vielen Metropolen aber noch absolutes Neuland", sagt Michael Lierow von der Managementberatung Oliver Wyman. Der Betriebswirt beschäftigt sich mit der Transformation der Güterlogistik in Großstädten. Er sagt auch hier einen Wandel in Richtung höhere Effizienz und Nachhaltigkeit voraus: "Der Handlungsdruck in diesem Bereich steigt."

Komplettlösung gesucht

Schon heute lebt mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung in Metropolen. Den rasant wachsenden Städten mit ihren chronisch verstopften Straßen und ihrer Smog- und Feinstaubbelastung stellt Lierow in einer Studie die positiven Auswirkungen einer ganzheitlichen City-Logistik gegenüber. Ein Ansatz, der auch den Dienstleistern neue Einnahmemöglichkeiten von weltweit zig Milliarden Euro pro Jahr bescheren würde.

Ziel eines effizienten städtischen Güterverkehrs müsse es demnach sein, dass nur mehr voll beladene Lastkraftfahrzeuge Waren in der Stadt ausliefern. "Die Logistik ist immer noch sehr fragmentiert. Der durchschnittliche Ladefaktor von Lkws, die in die Städte hineinfahren, liegt bei 50 oder 60 Prozent", erklärt Lierow, leere Rückfahrten nicht mitgerechnet. Einige Branchen, auch einzelne Städte wie Bristol in Großbritannien, seien bei der Vorkonsolidierung der Waren schon relativ weit. Abgesehen davon seien Einzellieferungen nach wie vor der Status quo - wenn etwa ein Restaurant Waren bei vielen unterschiedlichen Lieferanten bestellt.

Eine Komplettlösung für eine moderne City-Logisitk sehe laut Lierow sogenannte Konsolidierungszentren außerhalb der Stadt vor. "Ich kann dort viele Waren von verschiedenen Lieferanten so aufteilen, dass sie in einem Gebiet mit nur wenigen Stopps zugestellt werden können. Es gibt keinen Grund, warum im Lkw nicht ein Fernseher neben Schuhkartons stehen kann, wenn die Waren beim gleichen Stopp ausgeladen werden."

Spitalsanfahrt ohne Stau

Ein Lkw ersetzt so mehrere Fahrzeuge, die am gleichen Ort entladen würden. Im Falle eines Krankenhaus, wo jeden Tag auch verschiedenste nichtmedizinische Waren vom Mineralwasser bis zum Klopapier ankommen, würde entsprechende Konsolidierung sowohl den Verkehr vor dem Krankenhaus als auch die Anzahl der Lkws auf den innerstädtischen Verkehrsadern verringern.

In den Konsolidierungszentren, wo für schnelldrehende Produkte zusätzlich Lagermöglichkeiten angeboten werden könnten, würden die Waren entsprechend der Reihenfolge ihrer Lieferstopps und ihrer Anforderungen geordnet. Das kann etwa bei gekühlten Lebensmitteln relevant sein. Ein ausgeklügeltes IT-System müsste die Routenplanung sowie die entsprechende Zuteilung kalkulieren und Daten für die Abrechnungen liefern. Kleinlaster, die auch in den engen Gassen der Stadtkerne gut zurechtkommen, würden dann die Auslieferung übernehmen. Da die Strecken zumeist mit unter 100 Kilometern relativ kurz sind, kommt mit der Verfügbarkeit der entsprechenden Technik auch der Einsatz von Elektrofahrzeugen infrage. Bei der Etablierung eines solchen nachhaltigen City-Logistik-Konzepts würde der Verkehr auf Hauptverkehrsadern um 40 Prozent schneller fließen, errechnet Lierow.

Um eine derartige Lösung zu forcieren, die nicht nur Angebot und Nachfrage, sondern auch den knappen Kapazitäten der Stadt und dem Umweltschutz Rechnung trägt, müssten die Stadtverwaltungen entsprechende regulative Rahmenbedingungen schaffen. "Das kann zum Beispiel so aussehen, dass es für ein bestimmtes Zustellgebiet wie einen großen Stadtteil zwei Logistiker gibt, die für eine gewisse Anzahl von Jahren den Zuschlag für die Auslieferung bekommen."

Nur volle Lkws kommen rein

Je kürzer die Ausschreibungszeiträume sind, desto mehr Investitionskosten müssten die Städte übernehmen, damit die Logistiker wirtschaftlich arbieten können. Eine Ladefaktorbeschränkung, also ein Einfahrverbot für halbvolle Lkws in die Stadt, müsste Teil der gesetzlichen Grundlagen sein.

Der erste Schritt, der für die Umsetzung eines solchen Konzepts notwendig wäre, ist für Lierow ein städtischer Logistik-Masterplan, der genau berücksichtigt, was wie und wann in die Stadt hineinfährt, um zu beladen und zu entladen. Aspekte wie Arbeitsbedingungen und Lärmbelästigung müssten darin berücksichtigt sein. "Wenn ich das habe, kann ich überlegen, passende Regulative aufzusetzen." Das City-Logistik-Konzept ist nur "ein Element von mehreren, die in dieses Gesamtkonstrukt passen müssen." (Alois Pumhösel, DER STANDARD, XXX)