Die ISS vor der Schwärze des Weltalls. Nach einem möglichen Rückzug Russlands ab 2020 aus dem Projekt könnte auch die Zukunft der Raumstation düster aussehen.

Foto: NASA

Moskau - Überraschend hatte Russland am Dienstag erklärt, sein Engagement bei der Internationalen Raumstation ISS bereits 2020 zu beenden und stattdessen Geld in andere Projekte im Weltraum zu stecken. Die USA und deren Weltraumagentur NASA reagierten darauf zurückhaltend und wiesen darauf hin, dass selbst in Zeiten des Kalten Krieges im Weltraum kooperiert worden sei.

Beobachter vermuteten, dass der Schritt auch eine Reaktion auf den erbitterten Ukraine-Konflikt sein könnte. Die US-Raumfahrtagentur NASA hatte wegen des politischen Streits erst vor kurzem ihre Zusammenarbeit mit Roskosmos teilweise eingestellt. Bei dem mit Abstand wichtigsten Kooperationsprojekt, dem Betrieb der ISS, solle es jedoch keine Abstriche geben, hatte die NASA betont. Die ist nach der Einstellung des Spaceshuttle-Programms für bemannte Flüge zur ISS noch bis mindestens 2019 ganz auf russische Sojus-Raumschiffe angewiesen.

Getrennte Segmente auf der ISS

"Wir gehen davon aus, dass wir die ISS derzeit nur bis 2020 benötigen", sagte der russische Vizeregierungschef Dmitri Rogosin am Dienstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Russland schlage damit das Angebot der USA aus, den Außenposten der Menschheit mindestens bis 2024 weiterzubetreiben. Die USA hatten ihrerseits im Jänner eine Finanzierung über 2020 hinaus zugesagt.

"Wir wollen die Ressourcen auf andere perspektivische kosmische Projekte richten", sagte Rogosin. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos werde die Pläne bald vorstellen. Rogosin schloss nicht aus, dass Moskau den russischen Teil der ISS allein weiterbetreiben werde. "Das russische Segment kann unabhängig vom amerikanischen existieren - aber das amerikanische nicht unabhängig vom russischen", sagte er.

US-Partner hoffen auf weitere Kooperation

Trotz Rogosins Erklärung hoffen die USA auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit über 2020 hinaus. "Wir haben in unserem Weltraumprogramm eine lange Kooperation mit den Russen gehabt und hoffen, dass wir gemeinsam weitermachen können", sagte Außenamtssprecherin Jen Psaki in Washington.

Die US-Raumfahrtbehörde NASA reagierte verhalten auf die Rogosins Ankündigung und wies ebenfalls auf die lange Zusammenarbeit hin. Sogar in Zeiten des Kalten Krieges sei die Kooperation im Kosmos ein Aushängeschild gewesen. "Wir haben keine offizielle Mitteilung der russischen Regierung erhalten über irgendwelche Änderungen in der Zusammenarbeit", teilte die NASA mit.

Seit 1998 ständig ausgebaut

Die Internationale Raumstation rund 400 Kilometer über der Erde gilt seit mehr als 15 Jahren als Außenposten der Menschheit. Gut ein Dutzend Staaten beteiligen sich an dem über die Jahre hinweg laufend ausgebauten Projekt, neben EU-Ländern sind dies auch Kanada, Japan, Russland und die USA. Seit dem Jahr 2000 sind ständig Menschen auf der ISS, Kommandant ist meist ein Russe oder US-Amerikaner.

Die optimale Besetzung sind sechs Raumfahrer. Sie verbringen jeweils rund sechs Monate im Orbit. Zu ihren Aufgaben gehören Experimente in der Schwerelosigkeit. Forscher erhoffen sich davon auch Erkenntnisse über einen möglichen dauerhaften Aufenthalt im All und für eine bemannte Mars-Mission. Die Europäische Weltraumorganisation ESA schätzt die Gesamtkosten für die Entwicklung, den Aufbau und den derzeit bis zum Jahr 2020 angelegten Betrieb auf rund 100 Milliarden Euro.  (APA/red, derStandard.at, 14.05.2014)