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Narendra Modi gibt sich siegessicher

Foto: AP/Ajit Solanki

Neu-Delhi - Kaum sickerten die ersten Nachwahlbefragungen durch, schossen die Aktienkurse an der Mumbaier Börse auf Rekordhöhen. Nach zehn Jahren steht Indien offenbar vor einem Machtwechsel, und das Land hofft auf einen politischen Neuanfang. Alles sieht nach einem Sieg des Hindu-Nationalisten Narendra Modi aus. Die bisher regierende Kongresspartei der Gandhi-Dynastie muss mit einer herben Schlappe rechnen.

"Modi vor den Toren Delhis", titelte die Zeitung Mail today. Nach fünf Wochen waren Indiens Marathon-Wahlen am Montag zu Ende gegangen. Sie galten als Richtungsentscheidung für die mit 1,2 Milliarden Einwohnern zweitgrößte Nation der Welt. Das spiegelte sich auch in der Rekord-Wahlbeteiligung von 66,4 Prozent wider. Unklar ist aber noch, ob Modis Parteienbündnis NDA eine eigene Mehrheit erringen konnte. Die Umfragen differieren erheblich. Zudem sind Prognosen in Indien traditionell mit großen Fehlerquoten behaftet. Bei den Wahlen 2004 und 2009 lagen sie arg daneben. Das offizielle Wahlergebnis wird am Freitag verkündet.

Je nach Umfrage kommt Modis Hindu-Partei BJP auf 236 bis 291 Sitze, sein Parteienbündnis NDA auf 249 bis 340 Sitze. Für eine Regierungsmehrheit bräuchte es 272. Dagegen straften die Wähler die Kongresspartei, die mit Rahul Gandhi als Galionsfigur angetreten war, ab: Sie kommt auf 57 bis 78 Mandate, ihre Parteienallianz UPA auf 70 bis 148.

Modi gilt als wirtschaftsfreundlicher Macher. Nicht nur viele Unternehmer hoffen nun auf eine politische Wende und Reformen. Im Wahlkampf konnte Modi vor allem von der Schwäche der Gandhi-Partei profitieren. Eine Serie von Korruptionsskandalen hatte das Image der Kongresspartei schwer lädiert. Viele Wähler kreiden ihr auch die galoppierende Inflation bei Lebensmitteln an.

"Hindu-Faschismus light"

Der rasante Aufstieg des Hindu-Nationalisten wird in liberalen Kreisen und im Westen jedoch mit Misstrauen gesehen. Viele fürchten einen "Hindu-Faschismus light". Unter Modis Führung als Landeschef war es im Frühjahr 2002 in Gujarat zu Massakern an Muslimen gekommen. Die USA verweigerten ihm deshalb ein Visum, signalisierten aber nun, man werde ihn als Regierungschef willkommen heißen. Im Wahlkampf bemühte sich Modi, Ängste zu zerstreuen, und warb für einen Kurs der Versöhnung.

Die neue Antikorruptionspartei AAP landete weit hinten. 2013 hatte sie im Stadtstaat Delhi einen Überraschungserfolg erzielt.  (Christine Möllhoff, DER STANDARD, 14.5.2014)