Wien - Lange Zeit verfügten Nachrichtenagenturen über ein Vermittlungsmonopol auf internationaler Ebene. Spätestens mit der Digitalisierung ist dieses Alleinstellungsmerkmal aber weggebrochen. Der Geschichte unabhängiger Nachrichtenagenturen hat sich der frühere APA-Geschäftsführer Wolfgang Vyslozil in einem Buch angenommen, bei dessen Präsentation auch der "Kampf um die Echtzeit" Thema war.

Schließlich haben Nachrichtenagenturen heute vor allem mit Social Media und Co, aber auch der grundsätzlichen Medienkrise zu kämpfen. "Kleine Zeitung"-Chefredakteurin Eva Weissenberger beruhigte aber bei der Diskussion im Presseclub Concordia am Donnerstagnachmittag etwas. "So dramatisch diese Umwälzung auch ist, sie ist für die Agenturen nicht anders als für Zeitungshäuser." Man sitze also gewissermaßen im selben Boot. Der Unterschied liege letztlich in der Kundschaft, und da sei das Vertrauen in die APA nach wie vor ungebrochen. "Erst wenn es in der APA steht, glauben es die Journalisten", so Weissenberger.

Finanzierung

Der jetzige APA-Geschäftsführer Peter Kropsch thematisierte die Herausforderung, wie man "true and unbiased news" heute finanzieren könne. "Der Kern unseres Geschäfts ist die Unabhängigkeit der Berichterstattung, das ist unbestritten." Gerade als genossenschaftlich organisiertes Unternehmen könne man dies erfüllen, diene man doch einem ganzen Spektrum, wie auch Vyslozil erläuterte. Dennoch gab Kropsch zu bedenken: "Das aus dem reinen Mediengeschäft heraus zu finanzieren, ist einfach verdammt schwierig. Und in Ländern mit kleinen Medienmärkten ist das beinahe unmöglich."

ORF-Anchorman Armin Wolf könnte sich wiederum eine Finanzierungsalternative für Agenturen wie die APA vorstellen. Seiner Ansicht wäre eine Subventionierung von öffentlicher Seite durchaus machbar was die Unabhängigkeit betrifft. "Natürlich ist es super, wenn Sie ohne öffentliche Förderungen auskommen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das langfristig geht." Als Beispiel führte der die BBC an. "Es ist eine Frage der politischen Kultur in einem Land und der Organisation." Und auch wenn die APA etwa über eine Haushaltsabgabe mitfinanziert werden würde, hätte er "totales Vertrauen", dass Interventionsversuche ohne Erfolg blieben.

Staatlicher Einfluss

Vyslozil, der 26 Jahre der APA als Geschäftsführer vorstand, war mit diesem Vorschlag allerdings alles andere als einverstanden. "Nur bevor wir zusperren müssen, würden wir diesen schrecklichen Weg gehen." Über Jahre habe er beobachtet, wie Managementwechsel in Agenturen mit staatlichen Einfluss vonstattengehen. "Damit soll natürlich etwas bewirkt werden, was sich in letzter Konsequenz auf die Berichterstattung auswirkt." Stattdessen gelte es, "die Unabhängigkeit und Politikferne der APA zu erkämpfen, so lange es geht". Auch Weissenberger hätte mit einer "öffentlichen APA" und gegebenenfalls einem Aufsichtsrat wie im öffentlich-rechtlichen ORF wenig Freude.

"Unbestreitbar" sei Wolf zufolge wiederum, dass der ORF immer wieder politischem Einfluss ausgesetzt sei. Nicht zuletzt die Besetzung des Stiftungsrates mit großteils den roten und schwarzen "Freundeskreisen" zugehörigen Mitgliedern führte er dabei ins Treffen. Aber: "Die politische Einflussnahme von SPÖ und ÖVP endet an der elektronisch gesicherten Tür zum Newsroom." Mit der Arbeit der Redaktion könne man jedenfalls sehr zufrieden sein, würden doch Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) "gar nicht mögen, was wir da machen. Das funktioniert ganz gut", wie der ORF-Journalist meinte.

Twitter versus APA-Zugang

In der von APA-Chefredakteur Michael Lang moderierten Runde ließ er dann nochmals aufhorchen. Würde man ihn "zwingen", zwischen seinem Twitter-Account und seinem APA-Zugang zu wählen, würde Wolf sich für die Social-Media-Anwendung entscheiden. "Weil ich da einfach alles bekomme." Natürlich sei ihm aber bewusst, dass hinter vielen Online-Meldungen, die über den Kurznachrichtendienst laufen, letztlich auch Agenturmeldungen stünden. "Und der ORF oder andere große Medienunternehmen könnte ohne APA-Zugang gar nicht arbeiten", stellte er klar. Der Vorteil bei Social Media liege wiederum in der Schnelligkeit, womit ein Rekurs auf den Titel der Diskussion genommen wurde.

Was jedenfalls die acht unabhängigen Nachrichtenagenturen der "Gruppe 39" in den vergangenen Jahrzehnten geleistet und durchgemacht haben, das zeichnet Vyslozils gemeinsam mit APA-Mediawatch-Geschäftsführerin Julia Wippersberg verfasstes Buch "Group 39. History of an Exceptional Alliance of News Agencies. Character, Business & Policy of Independent News Agencies in Europe" nach. Auf knapp 400 Seiten wird die Geschichte der Vereinigung, die aus Nachrichtenagenturen der skandinavischen Länder, Belgien, Niederlande, Schweiz und Österreich besteht, detailliert aufgearbeitet.

Wesentlich ist Vyslozil dabei zu betonen, dass das Agenturwesen "durch eine außerordentliche Langlebigkeit gekennzeichnet" ist. Das Wertesystem der Gruppe 39, basierend auf Zuverlässlichkeit, Ausgewogenheit und Unparteilichkeit, gelte heute wie zur Gründungszeit vor 75 Jahren. Und genau darin sieht er auch einen Vorteil gegenüber den diversen Social-Media-Kanälen: "Die Berichterstattung ist richtig, und muss nicht mühsam nachrecherchiert werden." (APA, 11.5.2014)