Wien - Natura-2000-Schutzgebiete müssen von den Mitgliedstaaten wieder aufgelöst werden, sollte sich herausstellen, dass die betreffenden Gebiete keinen relevanten Nutzen für den Naturschutz haben. Dies hat der Europäische Gerichtshof in seinem jüngsten Urteil (RS C-301/12 vom 3. April 2014) entschieden.
Laut Höchstgericht sind Nutzungseinschränkungen für Liegenschaften, die innerhalb des Schutzgebiets liegen, nur dann zulässig, wenn sie im Lichte des Schutzzwecks gerechtfertigt sind. Leistet aber ein Natura-2000-Gebiet ohnehin keinen relevanten Beitrag zum Naturschutz, so haben Grundeigentümer ein Recht darauf, dass der Schutzstatus und die damit verbundenen Einschränkungen ihrer Rechte wieder aufgehoben werden.
Eigentum vor Naturschutz
Auf den ersten Blick möchte man meinen, dass das Urteil nur theoretische Bedeutung hat, denn es wird wohl jedes Schutzgebiet einen Beitrag zum Naturschutz leisten. Allerdings verfolgen Natura-2000-Gebiete in Wahrheit keine allgemeinen Naturschutzziele, sondern sind auf konkrete Erhaltungsziele ausgerichtet - etwa den Schutz einer bestimmten Tier- oder Pflanzenart, die in dem betreffenden Gebiet vorkommt.
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass die Erhaltungsziele trotz Schutzgebietsausweisung klar verfehlt werden - etwa dann, wenn die Art, zu deren Schutz das Gebiet ausgewiesen wurde, dennoch ausgestorben ist. Dann hat das Recht auf Eigentum Vorrang vor dem Naturschutz. Diese Praxisfälle werden in Zukunft den Gegenstand von spannenden "Rückwidmungsverfahren" bilden, die auf Antrag von betroffenen Grundeigentümern eingeleitet werden können. (Bernd Rajal, DER STANDARD, 12.5.2014)