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Vor der Diskothek Volksgarten waren im Dezember sechs Polizisten notwendig, um eine 27-Jährige zu bändigen.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien - "Normalerweise sperre ich bei Widerstand gegen die Staatsgewalt ein", erklärt Richterin Martina Krainz der zerknirschten Elke S., die auch wegen schwerer Körperverletzung angeklagt ist. "Da sind ein paar Verletzte auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben", präzisiert Krainz.

Die Schlacht trug sich Ende Dezember vor dem Wiener Lokal Volksgarten zu, ins Lazarett mussten anschließend drei Polizisten, wobei eine Beamtin eine Schädelprellung erlitt, ihre beiden männlichen Kollegen eher Lappalien wie einen Bluterguss.

Gröbere Erinnerungslücken

Die 27-jährige Angeklagte bekennt sich quasi theoretisch schuldig: "Es wird so gewesen sein, aber zum damaligen Zeitpunkt kann ich mich nicht mehr erinnern." S. feierte ihren bevorstehenden Geburtstag. Die vier bis sechs, genau weiß sie es nicht mehr, Cocktails und Mischgetränke vertrugen sich möglicherweise nicht ganz mit ihren Psychopharmaka.

"Trinken Sie öfters was?", will Krainz wissen. "Nein, gar nicht. Vielleicht einmal ein, zwei Gläser Wein, dann bin ich lustig." Diesmal war es anders: "Ich habe schon im Lokal gemerkt, dass es sich anders anfühlt." Sie lernte jedenfalls jemanden kennen, der mit ihr hinausging. "Dort wurde er dann touchy, hat mir auf die Brust gegriffen und wollte mich dann in ein Taxi zerren. Ich habe mich gewehrt."

Sechs Beamte im Einsatz

Ab dann fehlt die Erinnerung, vage hat sie noch Polizisten wahrgenommen. Mit deren Verhalten sie offenbar nicht zufrieden war - laut Zeugenaussagen fühlte sie sich offenbar ungerecht behandelt und begann zu schlagen und zu treten. Insgesamt sechs Beamte waren schließlich nötig, um sie zu bändigen.

"Wann setzt die Erinnerung wieder ein?", fragt die Richterin die Unbescholtene. "In der Zelle. Ich habe mich gewundert, wie ich dorthin gekommen bin."

Selbst Staatsanwältin Dagmar Pulker glaubt der jungen Frau und sieht eigentlich keinen Grund für eine Verurteilung. Die Anregung zur Diversion nimmt auch der Verteidiger dankbar an. Den anwesenden Polizisten hat S. auch etwas zu sagen: "Ich kann mich an nichts erinnern, aber es tut mir leid, was passiert ist. Ich hoffe, es geht euch wieder gut, Entschuldigung."

Spezialfall und Ausrutscher

Krainz weicht schließlich von ihren Prinzipien ab, da sie die Sache "für einen Spezialfall und einmaligen Ausrutscher" hält. Sie entscheidet sich für eine Diversion, die arbeitslose Angeklagte muss innerhalb eines halben Jahres 200 von maximal 240 möglichen Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Der Polizistin mit der Schädelprellung muss sie 100 Euro zahlen. (Michael Möseneder, derStandard.at, 10.5.2014)