Salzburg - Herr K. war selbstständiger Gastwirt, scheiterte, gab seine Selbstständigkeit auf und meldete Privatkonkurs an. Aus beruflichen Gründen zog er in den Pongau und wendete sich dort an die Schuldenberatung. Mit deren Hilfe konnte K. seine Schulden in der Höhe von 155.000 Euro regulieren. Der ausgehandelte Zahlungsplan sieht eine Rückzahlung von rund 15 Prozent vor. Der Nachlass kommt K. nun aber noch teuer zu stehen. Das Finanzamt Sankt Johann sieht den Schuldennachlass von 85 Prozent als Gewinn und besteuert diesen. Zusätzlich zu seiner Tilgung müsste K. nun nochmals 300 Euro monatlich an das Finanzamt zahlen.

"Das Scheitern der Schuldenregulierung ist durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen beinahe programmiert", sagt Doris Rumplmair von der Schuldenberatung Sankt Johann. Im Einkommenssteuergesetz gilt ein Nachlass als Sanierungsgewinn. Bisher ging man davon aus, dass diese Besteuerung nur Menschen treffe, die aktuell selbstständig seien und nicht bereits Privatkonkurs angemeldet hätten, erklärt Rumplmair im Standard-Gespräch. In Sankt Johann sind derzeit acht derartige Fälle bekannt.

Sachverhaltsdarstellung eingereicht

Ein weiterer Klient habe für die Schuldentilgung einen Kredit aufgenommen, für den seine Frau gebürgt hat. Die Kreditraten könne er aufgrund der Steuervorschreibung nun aber nicht mehr bedienen. Nun drohe auch seiner Frau der Privatkonkurs. "Die Leute geraten in einen Teufelskreis und werden nie entschuldet", kritisiert die Schuldenberaterin. Diese Steuerfestsetzung für Privatpersonen werde zudem ausschließlich von Finanzamt Sankt Johann vorgeschrieben. In anderen Regionen Österreichs sei dies, aus der Erfahrung der Schuldenberatung, nicht der Fall. Man habe bereits eine Sachverhaltsdarstellung bei der Volksanwaltschaft und beim Finanzministerium eingereicht - bisher ohne Rückmeldung.

Aus dem Büro von Justiz- und Finanzvolksanwältin Gertrude Brinek (ÖVP) heißt es, rechtlich sei diese Praxis gedeckt. Es wurde ein Prüfverfahren eingeleitet, ob es Richtlinien für einen Ermessungsspielraum gebe. Die Rückmeldung aus dem Finanzministerium sei noch ausständig. Die Volksanwaltschaft überlege, eine Empfehlung auszusprechen. Zudem handle es sich nicht um ein Phänomen des Finanzamtes Sankt Johann; es gebe schon eine zweite Beschwerde aus einem anderen Bundesland. (ruep, DER STANDARD, 9.5.2014)