St. Pölten - Noch immer sorgt der Fall jenes Beamten in Niederösterreich für Aufregung, dem wegen der Äußerung seiner Rechtsmeinung die Versetzung droht. Fritz Freudensprung, Leiter der Rechtsabteilung im niederösterreichischen Landesschulrat, hatte sich zu einem Fall in der Volksschule in Atzenbrugg-Heiligeneich geäußert. Dort wurden im Musikunterricht, später auch im Rechenunterricht, Lieder für die Erstkommunion einstudiert.

Eltern einer konfessionslosen Tochter hatten sich beschwert und Freudensprung ihnen Recht gegeben: Zwar dürfe "Liedgut des christlichen Abendlandes" zur Werteerziehung geübt werden, keinen Platz im Gesamtunterricht habe aber die Einübung der Lieder und Texte für die Erstkommunion. Mit seiner Meinung zog Freudensprung offenbar den Zorn von Landesschulratspräsident Hermann Helm und Landeshauptmann Erwin Pröll (VP) auf sich.

"Zwangsbeglückung verfassungswidrig"

Stefan Schima vom Institut für Rechtsphilosophie der Universität Wien vertritt Freudensprungs Meinung, nämlich dass nur der Religionsunterricht der Vermittlung konkreter religiöser Inhalte dienen dürfe.

Auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer sagt dem STANDARD: "Freudensprung hat die richtige Rechtsmeinung vertreten." Schließlich gebe es das Grundrecht, nicht mit Religion behelligt zu werden. "Das Recht haben auch Schüler mit keiner Religion, eine Zwangsbeglückung ist verfassungswidrig", so Mayer. Der Universitätsprofessor sieht einen "ganz krassen Fall von brutaler Machtausübung", sollte Freudensprung tatsächlich versetzt werden.

Doch so einfach sei das gar nicht, denn Mitarbeiter des Landesschulrats seien in der Regel Bundesbedienstete und keine Landesbediensteten. Das letzte Wort habe dann Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SP). 

"Wird für andere Funktion vorgesehen"

Hermann Helm hatte am Donnerstag im STANDARD noch beteuert, nichts von einer Versetzung Freudensprungs zu wissen. Anders klang das im Ö1-"Mittagsjournal". Er sagte, in seiner Abwesenheit habe Freudensprung Helms Weisung für das Einstudieren der Lieder revidiert: "Deshalb wird er für eine andere Funktion vorgesehen. Es geht nicht an, dass ein Jurist des Landesschulrates eine Rechtsmeinung vertritt und damit die Eltern verunsichert, die vorher hier eine sehr klare Position erfahren haben." (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 9.5.2014)