Im Jahr 2005 feierte Österreich, dass es vor 60 Jahren vom Nationalsozialismus befreit worden war. Eine Umfrage zeigte damals, dass 44 Prozent der Ansicht waren, der Nationalsozialismus habe auch "gute Seiten" gehabt. Jetzt wurde die Frage wiederholt, und es sind "nur" noch 36 Prozent.

So viel zur politischen Bildung und zum geschichtlichen Bewusstsein in unserem schönen, kleinen Land. Verglichen mit den späten 1970er-Jahren, so der Studienmitautor und Zeitgeschichtler Oliver Rathkolb, sei dies aber schon ein Fortschritt. Und Studienmitautor Günther Ogris (Sora-Institut) sprach von der Aufgabe der Politik, das Demokratiebewusstsein zu stärken. Kann man nur unterschreiben. Denn die Umfrage "NS-Geschichtsbewusstsein und autoritäre Einstellungen" weist unbehagliche Tendenzen für die Zukunft aus. Zwar meinen 85 Prozent, dass die Demokratie die beste Regierungsform sei, aber es sind weniger als 2007. Gleichzeitig stimmen 2014 immerhin 29 Prozent der Ansicht zu: "Man sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um Wahlen und Parlament kümmern muss."

Rathkolb erklärt das aus dem wachsenden Anteil der "Verunsicherten", die keine Perspektive für sich sehen: "Apathie führt zur Führersehnsucht." Und Ogris dazu: "Das autoritäre Potenzial steigt auch bei der Jugend an, wenn die Lebensaussichten schlecht sind." Sagt das irgendwer unseren Schlafwandlern in der Regierung? (Hans Rauscher, DER STANDARD, 8.5.2014)