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Vor dem Rathaus von Mariupol weht wieder die Flagge der "Volksrepublik Donezk".

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Die Aktivisten errichteten am Mittwoch neue Barrikaden.

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Aufräumarbeiten im Rathaus von Mariupol

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Seiner Miene war es nicht zu entnehmen, dass das Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin ein Erfolg war. Die Mundwinkel des Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter, der derzeit den OSZE-Vorsitz innehat, hingen bei der Pressekonferenz im Kreml tief herunter. Die Anspannung war beiden Politikern nach dem kurzfristig anberaumten Treffen sichtlich anzumerken. Und doch gab es Erfreuliches zu berichten.

Der russische Präsident hat die Aufständischen in der Südostukraine dazu aufgerufen, das für Sonntag geplante Referendum über die Abspaltung zu verschieben, "um eine Grundlage für den Dialog zu schaffen". Putin sagte, dass Russland keine Truppen mehr in Grenznähe habe, betonte aber auch, dass er für die Gewalt in der Ukraine nach wie vor die Regierung in Kiew verantwortlich mache.

Die Präsidentenwahlen am 25. Mai seien grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung, sagte Putin, schränkte aber ein, dies gelte nur, wenn bis dahin alle Ukrainer am Aufbau der künftigen Ukraine beteiligt seien und die Gewalt beendet werde. "Das wichtigste ist es, einen direkten Dialog, einen direkten und vollwertigen Dialog zwischen der heutigen Führung in Kiew und den Bewohnern der Südostukraine zu schaffen, in deren Verlauf sich die Vertreter der Südostukraine davon überzeugen können, dass ihre Rechte in der Ukraine garantiert sind", sagte er.

Die Einstellung aller Feindseligkeiten hatte auch Burkhalter in seinem "Fahrplan" für den Frieden gefordert. Es müssten alle Kampfhandlungen, Einschüchterungen und Provokationen eingestellt werden, sagte der Schweizer Politiker. Den Aufruf Putins zur Verschiebung des Referendums nannte er in diesem Zusammenhang "sehr wichtig".

Die Organisation für Zusammenarbeit und Sicherheit hat angeboten, beim Plan einer nationalen Entwaffnung der Ukraine logistisch und finanziell zu helfen. Wichtigstes Thema der Verhandlungen zwischen den verfeindeten Parteien in der Ukraine sei das Schema der künftigen Dezentralisierung, fügte er hinzu. Eine weitere Friedenskonferenz in Genf wird es hingegen vorerst nicht geben.

Tatsächlich haben führende Politiker der von Separatisten ausgerufenen "Donezker Volksrepublik" inzwischen erklärt, man werde den Vorschlag Putins prüfen. "Wir haben höchsten Respekt vor Putin", sagte Denis Puschilin, einer der Anführer der Separatistenbewegung. Bereits am heutigen Donnerstag soll die Entscheidung auf einer so genannten Volksversammlung fallen.

"Gouverneur" freigelassen

An dieser Versammlung wird auch der 31-jährige Ukrainer Pawel Gubarew teilnehmen. Der selbst ernannte "Volksgouverneur" von Donezk war Anfang März wegen Separatismus und Anstiftung zu Massenunruhen vom ukrainischen Geheimdienst SBU festgenommen und nach Kiew gebracht worden. Am Mittwoch wurde er zusammen mit zwei anderen Aufständischen gegen drei SBU-Offiziere ausgetauscht, die die prorussischen Kräfte in den vergangenen Wochen als Geiseln genommen hatten. Gubarews Freilassung war eine der Forderungen, die die Aufständischen gestellt hatten. Ob Kiew ihn auch als Ansprechpartner in Verhandlungen über den künftigen Status der Ostukraine akzeptiert, ist allerdings unklar. In dieser Frage liegen die Positionen ohnehin stark auseinander:

Die prorussischen Kräfte wollen eine regionale Abstimmung über die Abtrennung des Donezbeckens von der Ukraine mit der Möglichkeit eines anschließenden Beitritts zu Russland. Kiew lehnt diese Fragestellung ab und will stattdessen über mehr Autonomie für die einzelnen Regionen verhandeln. Die ukrainische Verfassung sieht regionale Volksabstimmungen nicht vor.

Trotz erster Anzeichen einer Deeskalation bleibt die Lage gespannt. Auch am Mittwoch gab es Gefechte um die Stadt Slawjansk. Wegen des Chaos haben die Behörden um einen Ausschluss der Fußballfans von den restlichen Saisonspielen gebeten. Zudem sollen die ausstehenden Partien während der Arbeitszeit an Werktagen ausgetragen werden.

Weiters sollten Spiele aus den besonders krisengeschüttelten Regionen Charkiw, Donezk, Lugansk und Odessa im Südosten der Ukraine in ruhigere Gegenden verlegt werden, hieß es. Es handle sich um wichtige Maßnahmen, um "Leben und Gesundheit" der Bevölkerung zu schützen. Zuletzt war es rund um Fußballspiele in Charkiw und Odessa zu massiven Straßenschlachten zwischen ukrainisch-nationalistischen Fußballanhängern und prorussischen Kräften gekommen. Dabei wurden Dutzende Menschen getötet und zahlreiche verletzt. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 8.5.2014)