Auch Polizeieinheiten angeführt
"Es sind Leute, die in Polizeibataillons in Osteuropa tätig waren, von denen schwere Verbrechen verübt worden sind". Es handle sich um Namen von Menschen, von denen das Wiesenthal-Center annimmt, dass sie noch am Leben sind. Weiters seien berüchtigte Polizeieinheiten angeführt worden, denen viele Österreicher angehört hätten. Zuroff: "Wir erwarten, dass untersucht wird". Der Anlass für den Vorstoß findet sich laut "profil" im jüngsten Bericht des Wiesenthal-Centers über die "Weltweite Untersuchung und Verfolgung von NS-Kriegsverbrechen". Darin wird kritisiert, dass in Österreich seit mehr als zwei Jahrzehnten keinem Holocaust-Täter mehr der Prozess gemacht wurde.
Präsentation im September
Offiziell will Zuroff die Aktion bei einem Wien-Besuch im September präsentieren, bei dem er auch mit Justizminister Dieter Böhmdorfer zusammentreffen möchte: "Als von der FPÖ nominiertes Regierungsmitglied muss er ja ein ganz besonderes Interesse daran haben, dass Österreich seine Haltung ändert".
Böser Brief von österreichischer Botschaft
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) sei schon Ende Juli vom Wiesenthal-Center aufgefordert worden, anlässlich ihres Besuchs in Israel offiziell ein Umdenken Österreichs in Fragen der NS-Verfolgung anzukündigen. Die Ministerin sei dieser Forderung nicht nachgekommen. Die diplomatischen Versuche, die Angelegenheit zu regeln, scheinen nicht den nötigen Erfolg gehabt zu haben. "Wir bekamen von Österreichs Botschafter in Tel Aviv, Kurt Hengl, einen sehr bösen Brief, der noch dazu am Wesentlichen völlig vorbeiging", sagte Zuroff.
Laut "profil" wird im Gegensatz zu Österreich in mindestens einem Dutzend Staaten auch mehr als fünfzig Jahre nach Ende des NS-Regimes noch aktiv gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher ermittelt und vorgegangen. Weltweit laufen derzeit Erhebungen gegen rund fünfhundert Verdächtige. Allein zwischen April 2002 und März 2003 kam es zu sechs Schuldsprüchen, einem davon in Deutschland, wo der 93-jährige frühere SS-Chef von Genua, Friedrich Engel, zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.
Ferrero-Waldner: "Beweise fehlen"
Botschafter Hengl sei in seinem Brief auf solche Unterschiede in den Verfolgungsanstrengungen nicht eingegangen, kritisierte Zuroff: "Es hieß, dass Frau Ferrero-Waldner über meine Aufforderung sehr aufgebracht ist und dass wir keine Nachweise dafür vorlegen könnten, dass Österreich Handlungsbedarf hat".