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Rekonstruktion des Sonnenobservatoriums

Foto: APA/dpa
Halle/Goseck - Im ältesten Sonnenobservatoriums Europas in Goseck (Sachsen-Anhalt) ist ein weiteres Kultgrab mit menschlichen Knochen entdeckt worden. "In dem kreisrunden Grab mit einem Durchmesser von 1,50 Meter wurden menschliche Knochenteile einer Hand, einer Rippe sowie ein Schenkelknochen gefunden", sagte der Leiter des Institutes für Prähistorische Archäologie der Universität Halle-Wittenberg, Francois Bertemes, zum Abschluss der Grabungssaison 2003 in Goseck. "Wir können von einer kultischen Menschenopferung ausgehen."

Nach Angaben von Bertemes fanden sich auf den Knochen Spuren, die auf eine Entfleischung und Skelettierung hindeuten. Bereits im Vorjahr waren bei Erkundungsgrabungen innerhalb der Anlage in einem ersten Kultgrab entfleischte menschliche Knochen, wie Armteile, Rippen und Wirbelknochen entdeckt worden. "Das erhärtet unsere These, dass Goseck auch die älteste gebaute Kultstätte in Mitteleuropa ist und hier neben der Sonnenbeobachtung auch Rituale abgehalten wurden", sagte Bertems. Die 7.000 Jahre alte Anlage liegt nur 25 Kilometer vom Fundort der 3600 Jahre alten "Himmelsscheibe von Nebra" entfernt.

Die Anlage

Die heute nur noch in schemenhaften Umrissen erkennbare Anlage war einst von einem Graben umgeben. Im Innern standen zwei kreisförmige, etwa zwei Meter hohe Holz-Palisadenzäune. Mit der Anlage konnte vor 7.000 Jahren exakt der Sonnenauf- und untergang zur Wintersonnenwende am 21. Dezember beobachtet werden. Die Bestimmung dieses Zeitpunktes war für den Zyklus der bäuerlich geprägten Gesellschaft wichtig.

Als weiteren Beleg fanden die Ausgräber am Eingang einer freigelegten Torwange des im Durchmesser 75 Meter großen Sonnenobservatoriums eine Vielzahl von Rinderknochen, insbesondere von Rinderschädeln. "Vermutlich haben Rinderschädel mit Hörnern aus kultischen Gründen auf den Torpfosten an den Eingängen des Observatoriums gesteckt", sagte Bertemes. Ebenso wurden hunderte Tonscherben sowie ein etwa zehn Zentimeter langes Holzstück aus der Jungsteinzeit gefunden. "Die Untersuchungen werden zeigen, aus welchem Holz die Anlage gebaut wurde", sagte Bertemes.

Sakrales und Profanes säuberlich getrennt

Außerhalb der Ringanlage des Observatoriums seien dagegen nur Knochen von Ziegen, Schafen und Schweinen gefunden worden. "Die damaligen Menschen haben also sehr deutlich zwischen Sakralem und Profanem unterschieden", sagte Bertemes.

Bis 2005 soll jeweils im Sommer die 6.000 Quadratmeter große Anlage mit Studenten und ABM-Kräften vollständig ausgegraben werden. Danach soll auf dem Gelände die rekonstruierte Anlage gebaut werden. Bereits im April 2004 wird es in Goseck eine internationale Tagung mit 30 Wissenschaftlern aus ganz Europa zum Thema Kreisgrabenanlagen geben. (APA/dpa)