Oliver Neubauer erforscht Sport auf der Zellebene.

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Oliver Neubauer unterrichtet genau das, was er im Studium der Ernährungswissenschaften immer vermisst hat: wie sich körperliche Aktivität und Ernährung auf Zellebene auswirken. Faszinierend findet er bei aller notwendigen Spezialisierung, dass er viele biologische Prozesse auf einmal im Auge behalten kann.

Der 38-jährige Niederösterreicher bringt als Sportler im Labormantel, der selbst viermal den Ironman absolviert hat, jedenfalls eine hohe Glaubwürdigkeit mit. Seit zehn Jahren ist er wettkampfabstinent, denn wie in der Forschung gilt: Ganz oder gar nicht.

Neben seiner Lehrtätigkeit forscht Neubauer in der Gruppe "Oxidativer Stress und Genomstabilität" und der Plattform "Aktives Altern" der Uni Wien und schreibt am nächsten Forschungsantrag. Dabei arbeitet er sich langsam von der sportlichen Elite zum Durchschnittsmenschen vor.

Angefangen hat es mit dem Nachweis minimaler Muskelverletzungen und immunologischer Aktivität auch in der Regenerationsphase von Triathleten. 42 Hochleistungssportler dienten Oliver Neubauer als Modelle zur Erforschung physiologischer Stressreaktionen. Mit einem Schrödinger-Auslandsstipendium des Wissenschaftsfonds FWF schlug er dann an der australischen Griffith University die Brücke zur Molekularphysiologie.

Dort konnte er seine eigene Forschung etablieren und mithilfe genetischer Analysen die Wechselwirkungen von Immunzellen und Muskulatur bei Sport und Regeneration aufzeigen. Acht junge sportlich aktive Männer gewann er mittels Flyer für die hochinvasive Studie mit Laufband- und Ergometertraining, Blutproben und Muskelbiopsien. Die Frage darauf war gut gewählt: "Interested in how your genes respond to exercise?"

Diese Probanden absolvierten das empfohlene Ausmaß sportlicher Betätigung von rund sechs Stunden pro Woche. "Die Erkenntnisse untermauern, dass auch eine moderate Muskelschädigung nach einer Ausdauerbelastung zu nachhaltigen Interaktionen zwischen Immunzellen und Muskulatur führt", schildert Neubauer eines der Ergebnisse.

Als Nächstes möchte er den Einfluss von Krafttraining im Sinne aktiven Alterns in zwei Kohorten vergleichen: Eine Gruppe ist zwischen 20 und 30 Jahre alt, die andere über 60. Was den Unterschied zwischen Männern und Frauen betrifft, würde er die angebliche Hürde gerne nehmen, dass der weibliche Zyklus kontrollierte Studien quasi verunmögliche: "Genau genommen müsste man sich die Frage stellen: Was passiert hormonell bei den Männern?"

Aufgewachsen in Breitenau am Steinfeld in Niederösterreich, war er schon als Kind viel draußen. Ab der Oberstufe entdeckte er den Sport für sich - als Möglichkeit die Natur im Jahreszeitenwechsel zu erleben und die Grenzen des Körpers auszudehnen. Er besuchte das Gymnasium an der Militärakademie Wiener Neustadt, ein bundesheergeführtes Internat mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt, und absolvierte danach die Offiziersanwärterausbildung.

Durch einen Mountainbike-Unfall lernte er nicht nur den australischen Forschungsbetrieb besser kennen, sondern auch das dortige Gesundheits- und Rechtssystem. "Vom Auto erwischt zu werden ist eine der wenigen Kontraindikationen von Ausdauersport", scherzt er heute über diese Episode. (Astrid Kuffner, DER STANDARD, 7.5.2014)