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Ein Napoli-Anhänger wurde von einem Schuss schwerst verletzt, den ein Roma-Ultra abgegeben haben soll.

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Selbst eher unverdächtige Partien wie Atalanta Bergamo gegen Hellas Verona am 19. April dieses Jahres bedürfen massiver Polizeipräsenz, um Gruppen rivalisierender Anhänger zu bändigen.

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Nach den jüngsten Ausschreitungen randalierender Fans beim Finale der Coppa Italia zwischen dem SSC Napoli und Fiorentina (3:1) am vergangenen Samstag in Rom will Italiens Premier Matteo Renzi die Fußballklubs zwingen, die Kosten für die Sicherheit zu übernehmen: "Im Juni und Juli werden wir die Klubs, den Fußballverband und das Olympische Komitee vorladen und dabei einen fundamentalen Grundsatz durchsetzen, um die Familien in die Stadien zurückzubringen. Die Klubs müssen auf eigene Kosten während der Spiele für Sicherheit und Ordnung sorgen."

Die Gesamtkosten dafür sollen sich nach Schätzungen auf 45 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Nach Angaben mehrerer Parlamentarier, die eine dringende Anfrage zum Thema eingebracht haben, werden bei normalen Meisterschaftsspielen der Serie A rund 300 Polizeibeamte aufgeboten. Bei Spielen ohne größeres Risiko sei mit Kosten von 40.000 Euro zu rechnen. Bei Begegnungen mit hohem Sicherheitsrisiko müsse dieser Betrag verdoppelt werden. Gleiches gilt übrigens auch für die österreichische Bundesliga.

Modell England

Innenminister Angelino Alfano will bereits in den nächsten Tagen einen Plan für mehr Sicherheit vorlegen: "Wir hatten beim Pokalfinale zwischen Napoli und Fiorentina 1486 Polizeibeamte im Einsatz. Es ist untragbar, dass eine Sportveranstaltung zum Krieg verkommt." Alfano will sich am englischen Modell orientieren: "Dort ist es schlicht und einfach unvorstellbar, dass die Klubs mit der Sicherheit in ihren Stadien nichts zu tun haben." Alfano will nun die Dauer des Stadionverbots für Rowdys verdoppeln - "notfalls auf Lebenszeit".

Staatspräsident Giorgio Napolitano forderte die Klubs auf, mit den Ultras unter den Tifosi endlich zu brechen. Der Vorsitzende des Nationalen Olympischen Komitees (Coni), Giovanni Malagó, hat indessen den Fußballverband (F.I.G.C.) wegen seiner "Tatenlosigkeit" kritisiert: "Es ist peinlich, in den Stadien immer dieselben Szenen zu beobachten. Das bedeutet, dass nichts getan wurde oder dass ineffiziente Maßnahmen angeordnet wurden."

Statistiken sprechen deutliche Sprache

Nach offiziellen Statistiken hat die Gewalt im Fußball erheblich zugenommen. So haben die Meisterschaftsspiele mit Verletzten in einem Jahr um 50 Prozent zugenommen, die Zahl der verletzten Polizeibeamten um 263 Prozent, jene verletzter Zuschauer um 23 Prozent und jene der verletzten Stewards um 260 Prozent. Die Zahl der Verhafteten ist seit Mai 2013 um 36 Prozent angestiegen, jene der Angezeigten um 56 Prozent. In einem Jahr wurden von den Sicherheitskräften mehr als 1000 Personen wegen tätlicher Übergriffe bei Fußballspielen angezeigt.

Italiens Medien widmen indessen der Frage breiten Raum, ob es im Olympiastadion nach der Schießerei im Vorfeld, bei der mehrere Menschen schwer verletzt worden waren, Verhandlungen zwischen den Verantwortlichen und den Ultras des SSC Napoli gegeben hat, um eine Austragung des Finales sicherzustellen. Dass es erst der Zustimmung des Chefs der Ultras, Gennaro De Tommaso, bedurfte, um die Partie anzupfeifen, wird bestritten. 

Der Ultra-Chef und die Camorra

Unbestritten ist, dass der Vater De Tommasos der neapoletanischen Camorra zugerechnet wird. La Repubblica schrieb daraufhin, dass die Gewalttäter bewiesen hätten, "dass in Italien die Republik nicht mehr souverän ist. Sie hat schrittweise die Kontrolle einiger Gebiete zugunsten organisierter Minderheiten, politischer Extremisten, Fußballhooligans und der organisierten Kriminalität verloren." Die Gazzetta dello Sport beschreibt die Stadien als "Freilichtgefängnisse" für "gewalttätigste und kriminellste Gruppen".

Wie am Dienstag bekannt wurde, ist De Tommaso mit einem Stadionverbot von fünf Jahren belegt worden. Gegen ihn wird zudem wegen Aufforderung zu strafbaren Handlungen, Teilnahme an Krawallen und dem Überschreiten von Absperrungen ermittelt.

Der kurz vor Spielbeginn schwerstverletzte Fan von Napoli ist am Dienstag erneut operiert worden. Der 30-Jährige schwebt weiter in akuter Lebensgefahr. (Gerhard Mumelter - DER STANDARD, 7.5. 2014 + online update)

Zum Thema: Kommentar von Sigi Lützow