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Hebron, Anfang Mai: ein Palästinenser mit dem Foto eines inhaftierten Verwandten. Die letzte Gefangenenfreilassung fand nicht statt.

Foto: APA/EPA / Abed Al Hashlamoun

Ob der Status quo im Westjordanland aufrechterhalten werden kann, ist ungewiss.

Jerusalem/Washington/Wien - Nicht mit einem lauten Krachen sind die auf neun Monate anberaumten israelisch-palästinensischen Friedensgespräche Ende April erfolglos zu Ende gegangen, sondern beinahe unbemerkt. Offiziell wurde das Ende vonseiten der US-Vermittler noch nicht einmal verkündet, Beobachter rechnen aber damit, dass die USA ihr Verhandlungsteam in Kürze auflösen werden, nachdem US-Präsident Barack Obama zu einer "Pause" geraten hatte. Ob danach ein neuer Versuch kommt, ist unbekannt.

Die israelische Tageszeitung Haaretz schreibt, dass US-Chefverhandler Martin Indyk das Brookings Institute, von wo er karenziert war, bereits von seiner Rückkehr informiert habe. Der ausgesprochene Israel-Freund Indyk, dessen Neutralität vor den Verhandlungen von manchen angezweifelt wurde, dürfte laut der Information von Haaretz auch einer der US-Verhandler sein, die dem israelischen Siedlungsbau im Westjordanland die Hauptschuld am Scheitern des Prozesses zuschreiben.

Nahum Barnea hat in Yedioth Ahronot einen langen Artikel mit anonymen Zitaten von US-Offiziellen veröffentlicht, darunter Folgendes: "Es gibt viele Gründe für das Scheitern, aber die Menschen in Israel sollten die bittere Wahrheit wissen: Die hauptsächliche Sabotage kam von den Siedlungen." Es habe sich um 14.000 Wohnungseinheiten sowie um umfassende Landenteignungen gehandelt. An einem gewissen Punkt habe Palästinenserpräsident Mahmud Abbas aufgegeben, um am Ende noch drei Forderungen für ein Weitermachen zu stellen, die jedoch seinerseits Premier Benjamin Netanjahu ablehnte.

Einen Deal, der zuvor zumindest zu einer Verlängerung der Verhandlungen bis Jahresende führen sollte - Freilassung von palästinensischen Gefangenen durch Israel gegen Freilassung des israelischen Spions Jonathan Pollard durch die USA - hat laut diesen Aussagen Wohnbauminister Uri Ariel durch die Bekanntgabe von neuen Bauplänen in Ostjerusalem zum Platzen gebracht. Danach gab Abbas den Beitritt Palästinas, das ja den Uno-Beobachterstatus hat, zu etlichen Uno-Konventionen bekannt und noch später die Versöhnung mit der Hamas, die wiederum Israel veranlasste, das Aus zu verkünden.

Was die Uno anbelangt, wird der mögliche Beitritt der Palästinenser zum Internationalen Strafgerichtshof (ICC) als besonders kritisch für Israel angesehen. Zwar befasst sich der ICC nur mit Menschenrechtsverbrechen von Individuen (nicht Staaten), die nach der ICC-Gründung 2002 verübt wurden, aber es könnte dennoch gelingen, ihn mit dem Siedlungsbau auf besetztem Gebiet zu befassen. Andererseits meinen israelische Experten, die Palästinenser hätten wegen palästinensischer Terrorakte gegen Israelis oder den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen mindestens ebenso viel vom ICC zu befürchten wie Israel.

Veröffentlichung des Plans

Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht. Manche erwarten, dass US-Außenminister John Kerry Details zu den amerikanischen Vorschlägen und zum Stand der Verhandlungen bei Abbruch veröffentlichen könnte. Der Unterschied zu früheren gescheiterten Verhandlungen ist, dass manche die Auswirkungen für Israel beinahe als dramatischer ansehen als für die Palästinenser. Kerry schilderte die möglichen Folgen vor kurzem so, dass er danach beschuldigt wurde, Israel unterstellt zu haben, es sei ein Apartheid-Staat. Er distanzierte sich in einer Aussendung von dem Wort: Die Befürchtung, dass der Status quo nicht aufrechtzuerhalten sein wird und Israel in nicht ferner Zukunft vor der Wahl stehen wird, entweder demokratisch oder jüdisch zu sein, und mit Boykottbewegungen konfrontiert sein wird, bleibt jedoch bestehen.

Beobachter warnen auch davor, dass Israel, aber auch die USA zum Zusammenbruch der Palästinenserbehörde beitragen könnten, wenn sie sie - wegen der Schritte in der Uno oder der Hamas - mit Sanktionen strafen: Dann würde wohl die gesamte Verantwortung für die jetzt palästinensisch administrierten Gebiete im Westjordanland an Israel zurückfallen. Das würde in jeder Beziehung teuer. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 6.5.2014)