Brüssel - Fast auf den Tag genau vier Jahre nach einem EU-Krisengipfel, bei dem Griechenland in einer dramatischen Hilfsaktion vor der Pleite bewahrt und der heutige Eurorettungsfonds (ESM) als Prototyp aus dem Hut gezaubert wurde (der dann auf Irland und Portugal ausgeweitet wurde), kamen die Finanzminister der Eurozone Montag in der EU-Hauptstadt zu einem Treffen der ganz anderen Art zusammen - es herrschte beinahe Feierstimmung.
Anlass: Nach Irland beschloss nun auch Portugal, aus dem Hilfsprogramm der Europartner noch 2014 in einem glatten Schnitt auszusteigen. Die Regierung in Lissabon verzichtet auf eine Notfallkreditlinie, die für den Fall weiterer Zahlungsprobleme in naher Zukunft von den Regeln her vorgesehen wäre. Sie will die Finanzierung ihres Haushaltes mit vollem Risiko auf den Finanzmärkten selber organisieren. Im Gegenzug bekommt das Land in Bezug auf die Wirtschaftsführung damit wieder seine ursprüngliche Souveränität zurück, muss sich Maßnahmen im Budget nicht mehr von der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) vorschreiben lassen.
Das Land hat seit Mitte 2011 von diesen internationalen Geldgebern günstige Hilfskredite im Umfang von 78 Milliarden Euro erhalten, die in einem Zeitraum von bis zu 30 Jahren wieder zurückgezahlt werden müssen. Nach einem scharfen Sparkurs und einer auf Rekordniveau gestiegenen Arbeitslosigkeit ist Portugal nun wieder auf Wachstumskurs.
Die EU-Kommission sagt dem Land für 2014 in ihrer ebenfalls am Montag in Brüssel präsentierten Frühjahrsprognose ein Wachstum von 1,2 Prozent voraus, das 2015 auf 1,5 Prozent ansteigen soll (siehe eigene Berichte). In den vergangenen drei Jahren gab es eine starke Rezession. "Ich kann Portugal nur gratulieren", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Auch die Märkte reagierten positiv: Zinsen für zehnjährige Anleihen sanken auf 3,61 Prozent. So wenig zahlte Portugal seit 2006 nicht mehr.
Nach der Rückkehr von Irland Ende 2013 an die Finanzmärkte zeige sich, dass der Eurostabilitätsmechanismus funktioniere, zeigte sich auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble zufrieden. Nun müsse die Konsolidierung in Lissabon nachhaltig weitergeführt werden.
Wachstum in Griechenland
Positiv wurde von den Euroministern auch die Lage in Griechenland beurteilt, trotz eines hohen Gesamtschuldenstandes. Athen bekommt nun bis Juli Kredite von 8,3 Milliarden Euro ausbezahlt, in drei Tranchen zu 6,3 und jeweils einer Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2015 soll die Wirtschaft in Griechenland sogar wieder um drei Prozent wachsen, glaubt die Kommission in ihrer Prognose. Dies wäre Basis für eine Reduzierung der Schulden von bis zu 175 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Unbesehen solcher Erfolgsmeldungen wird Griechenland aber 2015/16 erneut eine Finanzierungslücke haben. Diese könnte von den Kreditgebern in Form weiterer Zinsnachlässe geschlossen werden. Es soll sich um rund zehn Milliarden Euro handeln, die es zu bedecken gilt. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 6.5.2014)