Dieser Tage reiste Heinz-Christian Strache an der Spitze einer FPÖ-Delegation nach Genf, um den russischen UN-Botschafter und früheren Vizeaußenminister Alexej Borodawkin zu treffen. Diskutiert wurden dabei laut FP-Aussendung die "Autonomieforderungen der russischen Mehrheitsbevölkerung in der Ost- und Südukraine". Also volle Unterstützung für Wladimir Putins gewaltsame Destabilisierungspolitik.

Nahezu gleichzeitig gab Strache etliche Interviews, bei denen er a) die EU-Sanktionen gegen Russland verurteilte und b) Putin als "reinen Demokraten", wenn auch "mit autoritärem Stil" rühmte. Zu der Volksabstimmung, mit der Putin seine Annexion der Krim legitimierte, waren die beiden FPÖ-Funktionäre Johann Gudenus und Johannes Hübner als "Wahlbeobachter" angereist. Der Besuch sei von der russischen Organisation Eurasian Observatory for Democracy and Elections (EODE) bezahlt worden, sagte Gudenus. Diese wird vom belgischen Neonazi Luc Michel geleitet.

Im Februar 2012 hatten Hübner und Gudenus den tschetschenischen Präsidenten und Putin-Gefolgsmann Ramsar Kadyrow, dem schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, in Grosny besucht und ihm einen Persilschein ausgestellt: "Es gibt keine Anzeichen von Krieg oder Diskriminierung aus nationalen, religiösen oder ethnischen Gründen."

Was finden Strache & Co, Vertreter einer Partei mit deutschnationalistischen Wurzeln und "Wehrmacht in Russland"-Nostalgie, so faszinierend an Putins Russland? Vordergründig natürlich den autoritären Stil, die völkische Ideologie, die Verachtung für Liberalismus und den "schwachen" Westen. Im Kern ist es aber der gemeinsame Wunsch, die Europäische Union zu zerstören oder zumindest entscheidend zu schwächen.

Die Osterweiterung der EU war der Beweis, dass diese Länder auf das russische Modell gerne verzichten können. Das verträgt Putin nicht. Die extreme europäische Rechte wiederum weiß, dass sie in Europa nicht an die Macht kommen wird, solange es eine einheitliche demokratische Politik in Europa gibt.

Hier finden sich die europäischen Rechtsaußen-Parteien und Putins völkischer Neo-Imperialismus. Bei seinem stundenlangen TV-Auftritt Mitte April fragte der Vertreter der Orbán-treuen Zeitung Magyar Nemzet, Gábor Stier, was Putin von rechten Politikern in Europa hält, die das "nationale Interesse verteidigen, ohne dauernd nach Brüssel zu schauen". Putin: "Ja, es gibt einen solchen Prozess. Der Sieg von Viktor Orbán, der Erfolg von Marine Le Pen in Frankreich, das Wachstum solcher Trends in anderen Ländern ist offensichtlich."

Der Historiker Timothy Snyder, wohl der beste Kenner der Region, nennt den Hauptgrund, warum Putin keine starke EU will: "(Putins) eurasisches Projekt hat zwei Teile: die Schaffung eines Freihandelsblocks aus Russland, Ukraine, Belarus und Kasachstan und die Zerstörung der Europäischen Union durch Unterstützung der europäischen extremen Rechten. Das Putin-Regime hängt vom Verkauf von Rohstoffen ab, die nach Europa geliefert werden. Ein vereintes Europa könnte eine Energiepolitik schaffen. Aber ein desintegriertes Europa würde von russischen Kohlenwasserstoffen abhängig bleiben. Individuelle Nationalstaaten würden gefügiger sein als die EU. Ein vereintes Europa kann und wird höchstwahrscheinlich auf einen aggressiven russischen Petro-Staat adäquat reagieren, während eine Ansammlung von streitenden Nationaalstaaten das nicht wird."

Strache behauptet, die Interessen Österreichs zu vertreten. Durch seine Kollaboration mit Putins Anti-EU-Strategie tut er das genaue Gegenteil. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 3.5.2014)