Schlecht wie zehn Jahre nicht: Die globale Lage der Pressefreiheit.

Grafik: DER STANDARD

"Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten."

Meinungsfreiheit, global: So lautet Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, eine Resolution der UN-Generalversammlung, für sich nicht rechtsverbindlich. Und so lesen sich die jährlich von Menschenrechtsorganisationen erstellten Daten und Berichte zur Lage der Medienfreiheit, deren internationaler Tag am 3. Mai begangen wird:

63 Staaten von 197 bescheinigte die US-Organisation Freedom House in ihrem soeben veröffentlichten Bericht über 2013 freie Medien, 70 zumindest teilweise freie Medien und 64 keine – einen Überblick über die schlechteste globale Lage für Medien seit zehn Jahren liefert die Grafik auf Seite 2 oben. Umgelegt auf die Bevölkerung hat laut Freedom House nur jeder siebente Mensch Zugang zu freien Medien.

166 Journalisten und Journalistinnen sieht die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen derzeit weltweit wegen ihrer Arbeit in Haft, zudem 164 Online-Aktivisten und Bürgerjournalisten.

77 Journalisten wurden laut Reporter ohne Grenzen im Jahr 2013 getötet, vier Medienmitarbeiter und 48 Online-Aktivisten. Seit Jahresbeginn wurden weitere 16 Journalisten in Ausübung ihrer Tätigkeit ums Leben gebracht, ebenso neun Online-Aktivisten.

100.000e staatliche Zensoren sollen nach Schätzungen die Kommunikation über Internet und Social Media in China überwachen. Laut dem US-Recherchenetzwerk Propublica verschwand ein Drittel der vom chinesischen Twitter-Pendant Weibo gelöschten Nachrichten binnen einer halben Stunde.

"Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, dass die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen."

Es klingt selbstverständlich, was der Europarat 1950 mit der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Meinungsfreiheit (Artikel 10 Absatz 1) beschlossen hat und was für alle Mitgliedsstaaten gilt, in Österreich als Teil der Verfassung. Meinungsfreiheit ist aber auch 2014 in Europa keine Selbstverständlichkeit. Das zeigen die Statistiken des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte:

32 Mal verurteilte das Gericht 2013 Mitgliedsstaaten, weil sie Artikel 10 verletzten. Österreich, weil Behörden einer Nichtregierungsorganisation Zugang zu Daten der Tiroler Grundverkehrskommission verweigerten (zur Behördentransparenz siehe Interview links). Am häufigsten wurde die Türkei – neun Fälle – verurteilt, dreimal Rumänien, je zweimal Russland, Ungarn, Frankreich und Portugal.

544 Verstöße gegen die Meinungsfreiheit stellte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof seit 1958 fest. 1993 etwa wegen des Rundfunkmonopols des ORF. Mit 244 Verstößen steht die Türkei auch in der Langzeitstatistik einsam oben.

40 inhaftierte Journalisten in der Türkei sind laut der US-Organisation CPJ ein internationaler Höchstwert vor dem Iran und China. Ministerpräsident Erdogan ließ Twitter und Youtube vorübergehend sperren. Für Schlagzeilen und Proteste sorgte in den vergangenen Jahren auch die ungarische Regierung unter Viktor Orbán, die öffentliche Medien zusammenlegte und kritische Sender einzustellen versuchte. (red, DER STANDARD, 3./4.5.2014)