David Perlmutter
Dumm wie Brot

Mosaik Taschenbuch, Little, Brown & Co. 2014.
350 Seiten, 15,50 Euro

Foto: randomhouse

Buchtitel sollen Interesse erwecken. So wollen es die Marketingstrategen der großen Verlagshäuser und insofern war "Dumm wie Brot" eine sicherlich geniale Idee. Ist doch lustig, könnte man meinen - doch schon der Untertitel "Wie Weizen schleichend das Gehirn zerstört", sollte einen stutzig machen. Der amerikanische Neurologe David Perlmutter, der seinen Doktortitel auch am Cover sehen will, macht eine Getreidesorte für das Leid der Menschen verantwortlich.

Garstiges Getreide

Weizen, so seine These, enthält den Eiweißstoff Gluten, und der richtet im Körper gar Übles an und führt zu Entzündungen. Die Liste der Krankheiten, die aus Weizenkonsum resultieren soll, ist beeindruckend und umfasst über 30 verschiedene, chronische Leiden, von Alzheimer bis Depression, von Rheuma bis Zuckungen - so nennt der Autor Epilepsie. Perlmutter untermauert seine Thesen durch eine ganze Reihe von verschiedenen Studien, die er in diesem Sinne interpretiert. 

Das klingt wissenschaftlich, ist es aber nicht. Alarmierend sind die Verschwörungstheorien, die in fast jedem Kapitel aufblitzen. Die Lebensmittelindustrie würde diese Wahrheit verschleiern - spätestens in diesem Moment sollten die Alarmglocken läuten.

Lebensgefährliche Lektüre

Denn richtig gefährlich ist Perlmutters Plädoyer für einen hohen Cholesterinspiegel - weil Fett eben "Hirnnahrung" sei. Wer Cholesterin senkt, riskiert "Hirnerweichung" -  bringt er es populistisch auf den Punkt. Solche Aussagen können lebensgefährlich sein: Der Zusammenhang zwischen Cholesterin und Arheriosklerose beziehungsweise Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko ist hinlänglich erbracht. 

Dabei klingt vieles in diesem Buch tatsächlich wissenschaftlich. Allein: Es gibt keine evidenzbasierten Studien zu Nahrungsmitteln. Auch was Gluten betrifft nicht. Eine einzige Substanz für das Leiden der Menschheit zu identifizieren, wäre auch viel zu simplizistisch. Nicht alle Menschen lassen sich über einen Kamm scheren - vielleicht ist das David Perlmutter, der in Florida lebt und dort wohl sehr häufig mit Adipositas (auch eine Folge von Weizenkonsum) konfrontiert ist, entgangen.

Nur tierisches Eiweiß

Dass Vieles in Sachen Ernährung in den westlichen Industrienationen nicht zum Besten bestellt ist, ist eine Tatsache, dass sich die Menschen zu wenig bewegen und zu gestresst durchs Leben gehen, auch. Dass man all das mit rigiden Ernährungsvorschriften lösen kann, ist eine haarsträubende These, die auch in Orthorexia nervosa, dem Zwang, sich gesund zu ernähren, enden kann. Der rigide Weizenverzicht ist sozial jedenfalls eher schwierig: Einladungen bei Familie und Freunden oder Restaurantbesuche könnten problematisch werden.

Wer Perlmutter trotzdem Glauben schenken will, muss sich in erster Linie von tierischem Eiweiß ernähren. Ein paar Rezepte liefert der Autor gleich mit. Dass durch diese Art der Diät der Cholesterinspiegel unter Umständen steigt, sei harmlos, weil Cholesterin ja "Hirnnahrung" ist. Wer will, kann den Buchtitel aber auch anders verstehen. (Karin Pollack, derStandard.at, 2.5.2014)