Kein Übel, das nicht auch sein Gutes hat. Zwar leidet Österreich tatsächlich am Desaster namens Hypo Alpe Adria, aber was könnte sich besser als Ausrede für hartnäckige Reformunfähigkeit, wie sie der Finanzminister in seiner ersten Budgetrede demonstriert hat, eignen als dieses Leiden! Allmählich nimmt es den Charakter einer Generalabsolution an, beansprucht von einer Koalition, die den Willen zu sogar von ihr selbst für sinnvoll erachteten Weichenstellungen - nur ein Beispiel: Bildung - an leeren Vertröstungen auf das Jahr 2016 zerbröseln lässt. Bestünde wenigstens der ernsthafte Wille, besagtes Desaster in demokratiekompatibler Form aufzuarbeiten, wäre einiges an Glaubwürdigkeit gewonnen. So aber hängt der Bevölkerung der achselzuckende Hinweis auf das Problem, das die generelle Lähmung entschuldigen soll, ohne dass Mitschuldige dingfest gemacht und Profiteure zur Kassa gebeten werden, allmählich zum Hals heraus.

Den Staat schlankzusparen, wie die Losung des Budgetstrategen Michael Spindelegger lautet, wird zur gefährlichen Drohung, wenn die Grenze zum Kaputtsparen des Staates nur unscharf gezogen wird. An vielen Schrauben zu drehen, aber niemandem die Luft abzuschneiden ist als Budgetziel zwar blumig formuliert, aber nicht nur der Opposition bleibt die Luft weg, wenn offenbar wird, an welchen Schrauben wieder einmal nicht oder kaum gedreht wird. Die Frage wird lauter, wo in diesem Budget die Handschrift von Spindeleggers Koalitionspartner sichtbar wird. Wenn, wie ein alter Gemeinplatz lautet, das Budget die in Zahlen gegossene Politik ist, dann sollte es dabei doch zweifellos um die Politik der gesamten Regierung gehen, und in dieser soll, laut unbestätigten, aber wahlarithmetisch abgesicherten Gerüchten, die SPÖ mitvertreten sein. Manche sehen sie sogar als den - unwesentlich - größeren Partner, wenn es auch kaum gelingt, sie als solchen wahrzunehmen.

Das Problem existiert natürlich nicht erst seit dieser Woche, es besteht seit dem schmählichen Untergang von Schwarz-Blau. Und Spindelegger kann auch nicht in einem ersten Anlauf gutmachen, was seine Vorgänger seit damals verbockt beziehungsweise versäumt haben. Dass der von ihm vorgelegte Haushalt höchst uninspiriert ist, wird aber dadurch nicht besser, dass dies von allen Seiten, wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten, bestätigt wird. Schwerpunkte, wie sie die Sozialdemdokraten seit langem nicht müde werden einzufordern, bleiben neuerlich unberücksichtigt, weil sie zu müde sind, auf ihnen zu bestehen. Die Einnahmen aus der Lohnsteuer schießen in neue Rekordhöhen, aber von Vermögens- und Erbschaftssteuern ist wieder einmal keine Rede. Grunderwerbssteuern hätte man gern anders, aber wenn die ÖVP nicht will, dann halt nicht. Die Begrenzung der Sonderpensionen - ein trauriger Witz, wie Bernd Marin analysierte. Und jegliche Zukunftsvorstellung erschöpft sich in häufig ziellosen Spargedanken.

Der Finanzminister hat pflichtgemäß ein Budget vorgelegt, das seinen Vorstellungen entspricht. An dessen Folgen wird aber nicht nur er, sondern auch der Koalitionspartner gemessen werden. (Günter Traxler, DER STANDARD, 2.5.2014)