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IWF-Chefin Christine LaGarde will der Ukraine 17 Milliarden US-Dollar Hilfszahlungen geben. Im Gegenzug erwartet der IWF ein strenges Sparprogramm der ukrainischen Regierung.

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Maifeiern in Donetsk im Osten der Ukraine.

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Kiew/Moskau - Die ostukrainischen Separatisten dämpften am Donnerstag Hoffnungen auf eine bevorstehende Freilassung der festgehaltenen OSZE-Militärbeobachter, unter denen auch vier Deutsche sind. Der IWF kündigte der Ukraine Milliarden-Euro-Hilfen an. Mit einer Volksabstimmung über die Einheit der Ukraine will die prowestliche Regierung in Kiew die Lage beruhigen. Der russische Marineattache wurde ausgewiesen.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel forderte die sofortige Freilassung der seit Freitag festgehaltenen Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Deutschland bemühe sich auf allen diplomatischen Kanälen um eine Lösung, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe in Berlin. Dazu gehörten auch Gespräche mit dem Kreml in Moskau. Die deutsche Bundeskanzlerin habe Putin in einem Telefonat um Unterstützung gebeten, teilte Moskau am Donnerstag mit.

Die prowestliche Führung in Kiew will am 25. Mai zusätzlich zur Präsidentenwahl eine Volksbefragung abhalten. Dabei solle es darum gehen, ob das Land als Einheit erhalten bleiben solle, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk. Die prorussische Aktivisten in der Ost- und Südukraine planen allerdings eigene Referenden für den 11. Mai über eine Abspaltung von Kiew.

Im Osten des Landes sind die Separatisten weiter auf dem Vormarsch. Unbehelligt von Sicherheitskräften nahmen Separatisten auch die Gebietsverwaltung der Stadt Lugansk ein. Auch in Gorlowka besetzten prorussische Demonstranten weitere Verwaltungsgebäude. Im ostukrainischen Donezk haben pro-russische Separatisten das Gebäude der Staatsanwaltschaft gestürmt. Der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine zufolge warfen sie Brandsätze und Steine. Gewalt sei ausgebrochen, als Demonstranten sich vor dem Gebäude versammelt hätten. Dort hätten sie ihrer Wut auf die Staatsanwälte Luft gemacht und dieser vorgeworfen, für die westlich orientiere Übergangsregierung in Kiew zu arbeiten. Dann seien Demonstranten in das Gebäude eingedrungen.

Übergangspräsident Alexander Turtschinow räumte ein, die Kontrolle über Teile des Landes verloren zu haben. Den Sicherheitskräften warf er Versagen vor.

Der Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow in Slawjansk verneinte jegliche Einflussnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin im Fall der OSZE-Geiseln. "Wir hatten bisher noch keinen Kontakt zu Moskau und gehorchen hier auch nicht Putin", sagte der selbst ernannte Bürgermeister "bild.de".

Ponomarjow sagte am Donnerstag der Agentur Interfax, die Gefangenen seien weiter in Slawjansk. Er hoffe, sie gegen eigene Anhänger austauschen zu können, die von der Regierung in Kiew gefangenengenommen wurden. "Natürlich wollen sie nach Hause, und wir verhandeln bereits mit den Kiewer Machthabern", sagte er.

Zuvor hatte Ponomarjow den Eindruck erweckt, es könne eine schnelle Lösung "ohne einen Geiselaustausch" geben. Das Auswärtige Amt sprach von schwierigen Verhandlungen zwischen der OSZE und den Separatisten.

Die Aktivisten in Slawjansk tauschten überdies nach eigenen Angaben zwei gefangene Mitglieder des ukrainischen Geheimdiensts SBU gegen eigene Anhänger aus. Die Verhandlungen mit der Regierung seien erfolgreich gewesen, zitierte Interfax einen Sprecher.

Wegen Spionage wies die Ukraine den Marineattache der russischen Botschaft in Kiew aus. Der Diplomat sei vom Geheimdienst SBU auf frischer Tat ertappt und festgenommen worden, teilte das Außenministerium mit. Die Behörden erklärten den Mann zur unerwünschten Person.

Der Westen beschuldigt Russland, sich einer Umsetzung der Genfer Vereinbarungen, die unter Beteiligung Moskaus ausgehandelt worden waren, zu verweigern und die Krise in der Ukraine anzufachen. Die Europäische Union und die USA hatten am Montag bisher verhängte Strafmaßnahmen gegen Russland ausgeweitet. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy mahnte Moskau zur Einhaltung des Genfer Abkommens.

Neben den Separatisten hat die Ukraine auch mit einer finanziellen Schieflage zu kämpfen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) greift dem Land daher nun mit Hilfen in Höhe von 17 Milliarden Dollar (12,3 Milliarden Euro) für zwei Jahre unter die Arme. Das Geld, dem weiteres aus anderen internationalen Quellen folgen soll, soll die finanzielle Stabilität des Landes wiederherstellen und langfristiges Wirtschaftswachstum in Gang setzen.

Auf Druck des IWF erhöhte die nahezu bankrotte Ukraine die Gaspreise drastisch. Privathaushalte müssen seit Donnerstag 40 Prozent mehr bezahlen. Zum 1. Mai 2016 und zum 1. Mai 2017 sind Aufschläge von jeweils 20 Prozent geplant.

Aber auch Russland stehen massive finanzielle und ökonomische Schwierigkeiten insHaus: Die Ukraine-Krise hat Moskau nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits in die Rezession gestürzt. "Wenn man Rezession definiert als zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum, dann erfährt Russland aktuell eine Rezession", so Antonio Spilimbergo, Leiter einer IWF-Delegation in Moskau, am Mittwoch nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen.

Grund für die wenig rosigen Prognosen sei der Rückgang der Investitionen wegen der westlichen Sanktionen. Der IWF senkte zudem erneut seine Wachstumsprognose für Russland von bisher 1,3 Prozent in diesem Jahr auf nur noch 0,2 Prozent. Eine weitere Senkung sei nicht ausgeschlossen, warnte Spilimbergo. Für 2015 rechne der IWF nur noch mit einem Wachstum von 1,0 statt bisher 2,3 Prozent. (APA, 1.5.2014)