Drei tschetschenische Burschen im Alter von 16, 17 und 18, angeblich Angehörige einer Jugendbande, werden angeschossen. Die Umstände legen eine mit "Ehre" unterlegte Bandenfehde im Zuwanderermilieu nahe.

Zwei Tage später verhaftet die Polizei einen 21-jährigen Rumänen, der eine Reihe (junger) Frauen und Mädchen überfallen und schwer verletzt hat. Der Mann hat die Reisefreiheit als EU-Bürger für schwere Verbrechen genutzt.

Seit dem Bekanntwerden dieser beiden Fälle kocht das Internet über, wie jedes Mal, wenn Zuwanderer, Menschen mit "Migrationshintergrund" etc. in Kriminalfälle verwickelt werden. Die Richtung der Forenbeiträge unterscheidet sich dabei nicht grundsätzlich - auch auf derStandard.at wimmelt es vor sarkastischen Formulierungen über die "Segnungen der Zuwanderung", über die angebliche Tendenz vieler Behörden und Medien, den "Migrationshintergrund" vor allem bei Gewalt-und Eigentumsdelikten zu verschleiern.

Immer noch Orte mit geringer Kriminalität

In Deutschland hat sich die Zeit aufgemacht, ihre zahlreichen Leser zu befragen, die dem unflätigen Krawall-Bestseller "Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer" des Deutschtürken Akif Pirinçci zustimmten. Diese Leserforschung stieß auf brave Bildungsbürger, darunter einen Musiker und schwulen Aktivisten, der meinte, er habe nicht zwanzig Jahre um seine Rechte gekämpft, damit er jetzt von jungen Arabern und Türken angepöbelt werde.

Analog dazu könnte man meinen, die Frauenbewegung habe nicht vierzig Jahre gekämpft, damit jetzt immer mehr Schulmädchen mit Kopftuch herumlaufen, mit 15 verheiratet werden bzw. einige nach islamistischer Gehirnwäsche in den syrischen Dschihad gehen.

Am besten ist es, die Realität genau anzusehen: Österreich und Wien sind immer noch Orte mit geringer Kriminalität. Die Osterweiterung der EU hat aber einen ziemlichen massiven Einbruchstourismus gebracht. Hier helfen nur Polizeiarbeit und Selbstsicherung des Wohnbereichs (keine Waffen!).

Gleichgültiger Staat und Entwicklungsblockade

Die andere Seite ist die Zuwanderung. Kriminalität und Gewaltdelikte sind eine Angelegenheit von jungen Männern ohne ausreichende Bildung, Ausbildung und Perspektive. Davon gibt es zu viele bei uns (fast 40.000). Österreich hat vor Jahrzehnten aus der Unterschicht importiert, die Nachfolgegenerationen sind meist nicht aufgestiegen, sacken oft sogar ab. Ursache: eine Mischung aus Vernachlässigung durch einen gleichgültigen Staat und Entwicklungsblockade durch ein oft rückständiges, autoritäres, machobetontes Kulturmilieu.

Viele dieser Jugendlichen sind "ausgegrenzt" - aber nicht nur von fahrlässigen bis boshaften Behörden, sondern auch von der Entwicklungsverweigerung im eigenen Milieu. Es ist wohl auch sinnlos, in Medienberichten die Herkunft von Straftätern zu leugnen. Umgekehrt müssen aber auch Meinungsbildner, die als Profis gelten wollen, die Hintergründe ehrlich darstellen - als ersten Schritt für Lösungen, die von der Politik, aber auch uns selbst zu verlangen sind. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 30.4.2014)