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Robbie Williams klettert die Evolutionsleiter auf und ab.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Er fühle sich zu 49 Prozent schwul, erzählte Robbie Williams im November dem Magazin Männer. Ein Prozentpunkt fehle, weil er keinen "Spaß mit Penissen" habe, dafür aber mit vielem anderen von dem "Zeug", das gemeinhin mit Schwulen assoziiert wird.

Die "Eröffnung" kam etwa zeitgleich mit dem Album Swings Both Ways, dessen Titelsong ein Duett mit dem höherprozentig homosexuellen Rufus Wainwright ist. Wenn Williams auf der dazugehörigen Tour wie gehabt das Alphamännchen mimt - vom Kapitän bis zum Businessman - dann sind alle Klischees also mit einem Schlag ein bisschen unterhöhlt.

Aber von vorn. Am Montagabend forderte Robbie Williams in der Stadthalle zur Begrüßung: Shine my Shoes. Glänzen sollten die Schuhe, weil Williams in den Ballsaal entführte. Nach Swing When You're Winning widmet sich der britische Entertainer bereits zum zweiten Mal seiner Liebe zu goldenen Zeiten: 2001 versuchte sich Williams an den Fußstapfen von Frank Sinatra und coverte Klassiker wie Mackie Messer oder Something Stupid. Es wurde eines seiner erfolgreichsten Alben. Mit Swings Both Ways möchte Williams an diesen Erfolg anknüpfen. Dafür holte er auch den Arrangeur und Produzenten Guy Chambers zurück, mit dem er sich zwischenzeitlich zerstritten hatte.

Das Album ist trotz aller Handwerkskunst eher leblos geraten: Der Swing-Glamour will sich in den allzu glatten Produktionen nicht so recht entfalten, bei Go Gentle erinnern fast nur noch die Achteltriolen an Swing. Die Live-Big-Band sorgt da für Wiederbelebung. Verteilt auf bis zu drei Bühnenstöcke braut das Gefolge von Robbie Williams selbst aus mediokren Rezepten Süppchen, in denen es sich gut swingen lässt.

Dass Chambers' kompositorische Modulationen oft andere Wege gehen als Williams' Stimme, ist dabei egal. Der hat seinen Spaß und verwendet alles, was man gegen ihn verwenden könnte, schon selbst gegen sich. Swings Both Ways lebt von Selbstironie, vom ersten Moment an. Für ein Cover des Dschungelbuch-Songs I wanna be like you klettert er die Evolutionsleiter hinab und schlüpft in ein Affenkostüm. In einem stimmlich eher entlarvenden Solo mit Klavierbegleitung singt er If I only had a brain: das Lied der Vogelscheuche im Zauberer von Oz. Grotesk wird es, wenn Williams eigene Songs im Swingstil covert, was er sich mit dem Superhit Angels dann leider doch nicht getraut hat.

Dessen Koautor Guy Chambers hat in der Mitte des Sets einen Auftritt als Priester: Williams erklärt, er wolle ein besserer Mensch werden und nicht mehr das promiskuitive Leben des Rockstars führen. Deshalb heiratet er auf der Bühne mitten in Dean Martins That's Amore einen Fan. Die zufällige Angetraute wird aber natürlich nur das "Showbiz-Wife". Im richtigen Leben wird Williams bereits zum zweiten Mal Vater. Der Applaus für diese Eröffnung übertraf fast alle anderen. (Roman Gerold, DER STANDARD, 30.4.2014)